06.08.2012 / Wort zum Tag

Hesekiel 33,12

Wenn ein Gerechter Böses tut, so wird's ihm nicht helfen, daß er gerecht gewesen ist; und wenn ein Gottloser von seiner Gottlosigkeit umkehrt, so soll's ihm nicht schaden, daß er gottlos gewesen ist.

Hesekiel 33,12

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Ist das denn gerecht? Da lebt einer sein Leben lang vorbildlich. Er hält sich an die Maßstäbe Gottes, er liebt Gott und seinen Nächsten. Aber kurz vor dem Ende seines Lebens kommt er von diesem Weg ab.Hilft ihm dann seine frühere Gerechtigkeit nicht?

Ein anderer dagegen schert sich nicht um Gott. Ohne Wimpernzucken verletzt er Gottes Gebote und auch die Gesetze des Staates. Aber kurz vor seinem Tod kommt er zur Besinnung. Er bereut sein Tun und bittet Gott um Vergebung. Sollte der in Gottes Reich eingehen? Ist das gerecht? Überwiegt im ersten Beispiel nicht das Gute und im zweiten das Unrecht?

Wer ist eigentlich gerecht? Gerechtigkeit hat in der Bibel eine umfassendere Bedeutung als in unserem Sprachgebrauch. In unserer Sprache bezeichnet Gerechtigkeit meist die gleiche Verteilung von Gütern, gleiches Maß und gleiche Behandlung. In der Bibel ist Gerechtigkeit weiter gefasst. Gerechtigkeit ist hier der Gegenbegriff zu Sünde. Gerechtigkeit ist nicht nur soziale und materielle Gleichheit; gerecht leben heißt: in einer rechten Beziehung zu Gott und dem Nächsten leben. An diesem Maßstab gemessen ist in Gottes Augen kein Mensch gerecht.

Wir Menschen können nur durch den einen Gerechten, Jesus Christus, gerecht werden. Er lebte als Einziger ohne Sünde. Und er macht jeden gerecht, der seine Ungerechtigkeit eintauscht gegen seine Gerechtigkeit. Diesen Tausch bietet Jesus an. Wir können uns nicht auf das vermeintlich Gute, das wir getan haben, verlassen; als ob dieses Gute unsere Verfehlungen aufwiegen könnte! Das vermeintlich Gute zerbricht vor dem Gekreuzigten. Mit Gott kommen wir nur durch Umkehr und Vergebung ins Reine. Das gilt bis an unser Lebensende.

Mich erschüttert das Beispiel von König Asa in der Bibel. Er hatte einen glänzenden Start und eine lange, gute Lebenszeit: Er räumte mit dem Götzendienst im Land auf und Gott half ihm gegen alle feindlichen Angriffe. Gott war mit ihm in seinen 35 Regierungsjahren. Aber als er älter wurde, verließ er diesen Weg. Bedrängt vom König des Nordreichs Israel verbündete er sich mit dem König von Syrien. Als Gott ihn durch einen Propheten zurechtwies, ließ er den Propheten kurzerhand ins Gefängnis werfen. Und er fing an, das Volk zu unterdrücken. Es nahm ein schlimmes Ende mit ihm.

Asa ist ein warnendes Beispiel für einen Menschen, der es einmal mit Gott hielt und dann im Alter vom Weg abkommt. „Alter schützt vor Torheit nicht“, warnt ein Sprichwort. Es kommt in unserem Leben nicht darauf an, wie wir den Lauf begonnen haben, sondern wie wir ihn beenden. Wir dürfen unser Vertrauen nicht unter der Hand auf unsere eigene Frömmigkeit, unser Gebet, unsere Großzügigkeit oder den regelmäßigen Gottesdienstbesuch setzen. Denn wenn wir unser Vertrauen auf solche Dinge setzen, verlassen wir die Gerechtigkeit, die vor Gott zählt. Zudem hilft das Vertrauen auf unsere eigene Frömmigkeit anderen nicht, das Geschenk der Gerechtigkeit Gottes zu finden, es stößt sie eher ab. Gerecht bleiben wir nur, wenn wir bis zum Ende unsere Gerechtigkeit einzig und allein von Jesus Christus beziehen. So wie Zinzendorf es in einem Lied klassisch ausgedrückt hat:

Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid.
Damit will ich vor Gott bestehn, wenn ich zum Himmel werd eingehn.
Und würd’ ich durch des Herrn Verdienst auch noch so treu in seinem Dienst,
gewönn den Sieg dem Bösen ab und sündigte nicht bis ins Grab,
so will ich, wenn ich zu ihm komm, nicht denken mehr an gut und fromm,
sondern: da kommt ein Sünder her, der gern fürs Lösgeld selig wär.
“ (Zinzendorf 1739)

Autor/-in: Ernst-Gerhard Fitsch