13.02.2012 / Gedanken zur Jahreslosung

Helden haben eine kurze Halbwertszeit

Wahre Helden sind selten, meint Jürgen Werth. Doch auf den zweiten Blick ist das Leben und die Bibel voll davon.

Er war ein Held. Als man ihn zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt hatte, feierten Menschen auf der ganzen Welt Freudenfeste. Mit seinem charismatischen Lächeln und dem suggestiven „Yes, we can!“ hatte er die Welt verzaubert.

Kaum im Amt, überreichte ihm das Nobelpreiskomitee in Oslo den begehrten Friedensnobelpreis. Der geht nach dem Wunsch des Stifters  an denjenigen, „der am meisten oder am besten auf die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere sowie das Abhalten oder die Förderung von Friedenskongressen hingewirkt“ und damit „im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen erbracht“ hat. Dabei hatte Barack Obama noch gar nichts bewirkt. Bewirken können. Ein Held der Hoffnung war er. Leider nicht mehr.

Helden auf Augenhöhe

Jesus Christus spricht: Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.
2. Korinther 12,9

Inzwischen ist er in der kalten Alltagswirklichkeit angekommen. Ein Held der enttäuschten Hoffnungen. Und die erheblich kleiner gewordene Schar seiner Fans feiert ihn nur noch sehr verhalten.

Merke: Wer einen Menschen zum Helden stilisiert, überfordert ihn in der Regel. Wahre Helden sind selten und noch seltener von Dauer. Helden haben eine kurze Halbwertszeit.

Wer in der Bibel nach Helden sucht, wird eher enttäuscht. Statt Helden begegnen ihm - Menschen. War Abraham ein Held? War’s Isaak, war’s Jakob? Passt David in diese Kategorie? Petrus? Manches aus ihrem Leben ist eindrucksvoll, zweifellos.

Wären da nur nicht auch jene Episoden, die ihr Versagen zeigen, ihr Scheitern. Was aber auch sein Gutes hat. Martin Luther hat einmal geschrieben, dass ihn „die Schwächen der Heiligen“ mehr trösten würden als ihre vermeintlich großen Taten. Sie kommen dadurch herunter von ihrem Sockel, kommen auf Augenhöhe.

Was Helden wirklich sind

Was sind das eigentlich für merkwürdige Wesen, Helden? Der gute alte Brockhaus schreibt: „Sie sind tapfer und konfliktfähig, kampfgewandt und stark, vorbildlich und selbstlos.“ Mir fällt noch mehr ein: Helden sind Menschen mit Zivilcourage und Rückgrat. Mit aufrechtem Gang und aufrechten Absichten. Menschen, die über den Tellerrand des eigenen Wohlbefindens blicken, die zupacken, wo’s Not tut.

Doch im wirklichen Leben sind und bleiben sie dabei Menschen wie du und ich. Immer fehlbar, manchmal schwächelnd. Die Bibel würde sagen: „Sünder“, angewiesen auf Gottes Hilfe, auf sein Erbarmen.

Wirkliche Helden sind niemals Menschen ohne Schuld. Sie sind Menschen, die von der Vergebung ihrer Schuld leben. Wirkliche Helden sind auch niemals Menschen ohne menschliche Schwächen. Sie sind Menschen, die ihre Schwächen überwinden. Von denen erzählt die Bibel. Die füllen die Kirchengeschichte. Die wohnen in unserer Nachbarschaft. Helden ohne Aufsehen. Stille Helden, von Gott zu Helden gemacht. Lebendige Illustrationen zum Wort, das Jesus für Paulus hatte: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“

Hat Gott eine Schwäche für unsere Schwächen?

Und plötzlich finde ich sie überall, die Helden. Den Mann, der seine alzheimerkranke Frau aufopferungsvoll pflegt. Die Frau, die für ihre Kinder auf eine berufliche Karriere verzichtet. Der Jugendliche, der sich vor seinen ausländischen Freund stellt, als ihn rechte Hohlköpfe aus der Disco ekeln wollen. Die Krankenschwester, die ohne Gehalt nach Tansania geht, um dort den Ärmsten der Armen beizustehen.

Solche Helden braucht Gott. Menschen, die sich auf ihn verlassen, die Lebenskraft und Glaubensmut von ihm beziehen. Zuweilen scheint er gar eine Schwäche für unsere Schwächen zu haben. Eben weil er will, dass seine Kraft in uns und durch uns wirken kann.

Wir haben auch das Zeug zu einem solchen Helden, Sie und ich. Einsatzplätze gibt’s zu Hauf.