21.01.2014 / Wort zum Tag

Hebräer 4,16

"Lasst uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben.“

Hebräer 4,16

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Wer von Ihnen hat schon einmal die Gelegenheit, mit der Königin von England zu sprechen? - Ich denke: Kaum jemand von uns. Ein mir bekannter evangelischer Auslandspfarrer in London hatte einmal das Privileg, eingeladen zu sein. Ein Ereignis, der Königin von England persönlich zu begegnen!

Es war ein Empfang im herrschaftlichen Saal des Erzbischofs von Canterbury. Alles verlief nach strengen Regeln. Alles hat dort seine Ordnung. Zunächst stellt der Domkapitular der Bischofskirche St. Pauls der Königin und ihrem Gatten die geladenen Gäste vor. Gespräch? - Nicht möglich! Jedenfalls nicht, wie gewohnt oder erhofft. Es geht streng nach Etikette weiter: Die Königin und Prinz Philipp bestimmen gemeinsam das Thema ihres Gesprächs - und nicht etwa der vorgestellte Gast. Das war für meinen Amtsbruder trotz allem Glanz dieser Stunde doch eine Enttäuschung. Zu gern hätte er eine bestimmte Frage stellen wollen, die seinen Dienst betraf. - Nicht möglich!

Wie anders in unserem Tagestext. „Lasst uns hinzutreten zum Thron der Gnade“. Der Schreiber des Hebräerbriefes verwendet  ein alttestamentliches Bild von der Stiftshütte. Gott wollte nach dem Bundesschluss am Sinai bei seinem Volk wohnen und mit ihm unterwegs sein. Seine „Wohnstube“ war ein abgetrennter Raum der Stiftshütte – das Allerheiligste –, den nur der Hohepriester einmal im Jahr zum großen Versöhnungstag betreten durfte, um vor der Bundeslade und dem Gnadenstuhl durch ein Opfer die Versöhnung für die Sünden des Volkes zu bewirken.

Heute ist der Zugang frei. Jesus selbst ist das Opfer für unsere Sünde geworden, und am Karfreitag ist der trennende Vorhang zerrissen. Jetzt haben wir freien Zugang zur höchsten göttlichen Majestät. Nichts trennt uns mehr: Keine Tradition oder Etikette. Wir können so, wie wir sind, mit unseren Ängsten, Fragen, Bitten und Nöten direkt zu unserem himmlischen Vater kommen. Wir haben Zugang zum Herzen Gottes. Wir dürfen unser Herz bei ihm ausschütten oder ihm ein Dankes- und Loblied singen. Er hört und erhört, was wir ihm anvertrauen. Er legt die Themenliste nicht fest, über die wir mit ihm reden dürfen.

Darum ist der Tagestext eine Einladung und Ermutigung zum Gebet. Wir dürfen direkt, ohne Zwischeninstanzen und zu jeder Zeit in Jesu Namen unseren Vater im Himmel ansprechen. In solcher Verbindung und Beziehung zu Gott zu stehen, das ist mein Glück. Die Jahreslosung 2014 mit diesem Wort aus Psalm 73, Vers 28 bringt es auf den Punkt. Glücklich sein bedeutet im Sinne der Bibel nicht einfach nur Reichtum und Wohlstand zu besitzen, sondern ein gelingendes Leben unter der segnenden Hand unseres Herrn Jesus Christus. Er ist unser persönlicher Hohepriester, der als Opfer für unsere Sünden stellvertretend bei unserem himmlischen Vater für uns eintritt. Und er ist zugleich unser Anwalt. Er vertritt meine Sache mit ganzer Liebe und Hingabe, damit ich immer, wenn ich Hilfe nötig habe, Gnade finde und Barmherzigkeit erfahre. - Was für ein Unterschied zu irdischen Machthabern! - Haben wir´s gut, Sie und ich!

Autor/-in: Pfarrer Christoph Onken