09.01.2013 / Wort zum Tag

Hebräer 4,16

Darum laßt uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben.

Hebräer 4,16

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Ich kann mich heute noch daran erinnern, welche Empfindungen ich
hatte, als ich als Schuljunge von acht oder neun Jahren wieder einmal
zu spät nach Hause kam. Beim letzten Mal, es war schon das zweite
Mal gewesen, bin ich ernsthaft verwarnt worden. Meine Eltern hielten
mir die Sorgen vor, die sie sich machten, wenn es schon dunkel
geworden war und ich war zur abgemachten Zeit noch nicht zuhause.
Und jetzt hatte ich wieder alle Zeit vergessen und war zu spät.
Was wird mich erwarten? Wie werden die Eltern reagieren? Was sollte
ich sagen? Mit welchen Konsequenzen habe ich wohl zu rechnen?
Mit sehr beklemmenden Gefühlen ging ich damals heim.
Es war für mich Jahre später eine ziemliche Überraschung, als ein
älterer Mann bei einem Krankenbesuch von ähnlichen beklemmenden
Gefühlen sprach. Ich hatte ihn als einen Christen mit großem
Gottvertrauen kennen gelernt. Nun rechnete er mit seinem Sterben
und fragte: wie wird es wohl sein, wenn ich vor Gott stehe und
mein Leben verantworten muss? Wird es reichen, was ich gelebt und
geglaubt habe? Im Blick auf das eigene Leben wird einem manche
Schuld bewusst, wo das eigene Handeln nicht dem Willen Gottes
entsprach. Da kann es zu Gefühlen der Unsicherheit kommen, wenn
der Termin näher rückt, an dem wir vor das Angesicht Gottes treten werden, um Rechenschaft für unser Leben abzulegen.
Der Mann im Krankenbett brauchte noch einmal den Zuspruch eines
anderen Menschen in Berufung auf Gottes Wort. Er brauchte in der
Situation noch einmal die Bestätigung, dass Jesus am Kreuz für alle
Schuld gestorben ist, und dass wir in ihm einen Fürsprecher haben
vor Gottes Thron. Wenn wir uns im Glauben an Jesus hängen, tritt er
für uns ein. Und nur so kann überhaupt ein Mensch vor Gott
bestehen.
Der Verfasser des Hebräerbriefes betont, dass wir in Christus einen
Hohen Priester haben, der unsere Schwachheit und Versuchung aus
eigener Erfahrung kennt. Jesus blieb ohne Schuld und ist für unsere
gestorben. Und so heißt es: „Darum lasst uns hinzutreten mit
Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit
empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig
haben.“ (Hebräer 4,16)
Es muss nicht erst angesichts des nahen Todes sein, dass solche
Gefühle der Unsicherheit uns beschleichen. Sie kommen auch
nach einem Versagen, wo man vor Gott schuldig geworden ist.
Es gibt trotz aller Kenntnis der Bibelaussagen von der Versöhnung
in Jesus einen gefühlten Vorbehalt: Kann ich jetzt so einfach wieder
das Gespräch mit Gott aufnehmen, wenn diese Sache zwischen ihm
und mir steht? Ja, ich kann! Ich kann ihn um Vergebung bitten,
weil er für meine Schuld am Kreuz gestorben ist. Im Blick darauf
kann ich mit Zuversicht, oder wie man auch übersetzen kann,
mit Freimut vor den Thron der Gnade treten, um Gnade und
Barmherzigkeit zu empfangen. Durch Jesus ist der Thron
Gottes für uns zu einem Thron der Gnade geworden! Mich muss
keine Unsicherheit oder Furcht vor dem richtenden Gott mehr 
belasten. Ich darf immer wieder auch mit meiner Schuld vor
Gott treten, um Vergebung zu bitten und zu empfangen. Wenn
andere Gefühle aufkommen wollen, dann lassen Sie uns an
den Hohen Priester denken, an Jesus, der uns gerecht macht.
 

Autor/-in: Pastor Wolfgang Schulze