15.04.2010 / Bericht

Gucken ist ja wohl erlaubt

Internet-Singlebörsen liegen im Trend. Mirjam Langenbach hat einige davon im Selbstversuch getestet. Ihr Fazit ist eindeutig.

Sie scheinen allgegenwärtig. Man findet sie plakatiert an Bushaltestellen, in der TV-Werbung und auf Internetportalen: Internet-Singlebörsen und –Partnervermittlungen. Ein paar davon wollen gezielt Christen bei der Partnersuche helfen. Mirjam Langenbach hat verschiedene Angebote im Selbstversuch getestet. Ihre Erfahrungen hat sie humorvoll und ironisch zusammengefasst:

Um das vorweg zu schicken: Ich bin Single. Ich mache mein Lebensglück nicht davon abhängig, dringend in den nächsten fünf Jahren einen Mann zu finden. Aber Gucken ist ja wohl erlaubt, oder? Und wenn sich die Gelegenheit ergibt, sag ich natürlich nicht nein, nicht wahr?

Also hab ich mich angemeldet. Bei feuerflamme.de, christ-sucht-christ.de, elitepartner.de, parship.de und neu.de.

Nicht ganz so Feuer und Flamme…

Ich habe nicht schlecht gestaunt, als mir jemand verriet, dass sie bei feuerflamme.de tatsächlich ihren Verlobten kennen gelernt hat. Für mich hat die Seite überhaupt nichts Einladendes. Nichts, was mich dazu bewegen würde, länger zu bleiben. Sie ist unübersichtlich, schlecht strukturiert und viel zu voll gepackt. Es gibt Werbung rechts am Rand - und die ist veraltet! Hallo, Webmaster, wie kann man denn zu einer Singlefreizeit über Silvester einladen, wenn schon Februar ist? Geht gar nicht! Einen Bibelvers auf die Startseite zu schreiben und die Menschen zu fragen, in welche Gemeinde sie gehen, das macht zwar fromm, aber nicht besser.

Ich fand’s auch recht weit aus dem Fenster gelehnt, dass feuerflamme.de sich vorbehält, die Personalausweis-Daten einzufordern, um die Identität seiner Mitglieder zu überprüfen. Okay, die Sache mit den Daten ist eigentlich eher ein Qualitätsmerkmal für eine Seite, weil Leute mit unehrenhaften Absichten abgeschreckt werden. Dass es dazu aber gleich eine Kopie des Personalausweises braucht, geht mir zu weit. Außerdem wollten die, die mich anschrieben, mich vom Fleck weg heiraten. Damit waren sie für mein Gefühl genau den einen Schritt zu schnell vorgeprescht, wie der Anbieter selbst. Feuerflamme.de geht mal gar nicht.

Denkste! Geht ja doch, wie ich vom Leben und der schon erwähnten Verlobten belehrt wurde. Dieses Jahr ist Hochzeit. Wenn du einmal in die Kommunikation eingestiegen bist, dann ist es halt völlig egal, wie die virtuelle Plattform beschaffen ist, die sich dafür bietet.

Eher durchschnittlich: Christ sucht Christ

Das Gleiche hoffte ich auch für die zweite getestete christliche Plattform: Christ-sucht-christ.de. „Nichts Besonderes“, ist mein Urteil. Zwar aufgeräumter als die Feuerflammen, präsentiert sich CSC nüchtern und langweilig. Nicht mehr als jede andere Community, die wissen will, wer wen kennt. Ich füllte ein Profil aus - das seltsamerweise aus den gleichen Fragen bestand, wie das von den flammenden Kollegen -, lud ein Foto hoch und war Besitzerin einer Pinnwand. Einen Chat gibt es auch. Dröge Angelegenheit.

Männer – seid kreativ!

Ach, und noch ein Hinweis an die Männer, die sich auf diesen Plattformen – wie auch immer sie heißen – herumtreiben: Langweilt nicht! Schreibt keine E-Mails, in denen nur „Hallo“ steht. Postet nicht „Na du? Ich lass dir mal 'nen Gruß da“ an Pinwände. Das ist uninteressant und gerät ganz schnell in Vergessenheit. Willst du, dass ich dich gut finde, dann langweile mich auf gar keinen Fall. Und: Nur weil wir beide schreiben, dass wir Christen sind, kannst du ruhig trotzdem höflichen Abstand wahren und nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Hier einmal ein O-Ton aus einer ersten E-Mail die ich bekam: „Kriegst 'nen Kuss von mir zum Geburtstag!“ Aaaah! Wer schreibt denn sowas?!

Die Elite bleibt unter sich

Schnitt. Weg von den ausgewiesen christlichen Foren hin zu Elitepartner.de: Gut aussehende Menschen, die als Manager, Chefärztinnen und andere beruflich Erfolgreiche gekennzeichnet sind, bewerben dieses Portal mit großer Präsenz in den Medien. Mein Fazit ist da ein anderes, wahrscheinlich bin ich als Redakteurin einfach nicht Elite genug. Spielverderber. So sieht’s aus. Völlig humorlos wurde mein Account gelöscht, weil ich eine Frage meines Profils ein wenig spöttisch beantwortet hatte. Ich glaube, es war so: „Bilden Sie einen Satz mit zehn Worten über sich!“. Ich schrieb: „Ich kann einen Satz mit zehn Worten über mich bilden.“ Fanden die gar nicht lustig. Zack! Nicht gut genug. Du hast uns nicht ernst genommen, du hast einen Witz gemacht, du bist raus!

Nur mit Geld zum Erfolg

Parship.de unterscheidet sich von meinen anderen Testkandidaten in zweifacher Hinsicht. Einmal darin, dass ich mich zum Beginn durch einen Persönlichkeitstest gearbeitet habe. Bei allen anderen Börsen zählt einfach nur die Anmeldung: Ein bisschen Profil ausfüllen und das war’s dann. So leicht kommen die User bei Parship.de nicht davon.

Da gilt es, Persönlichkeitsfragen zu beantworten, Bilder zu interpretieren und sich selbst einzuschätzen. Heraus kommt ein seitenlanges Persönlichkeitsprofil. Es sagt mir, wer ich bin, wo meine Stärken und Schwächen liegen, wie mein Partner sein muss und wen ich erst gar nicht ansprechen brauche. Bei mir zum Beispiel „vereinen sich Verstand, Gefühl und Sinnlichkeit auf eine sehr harmonische Weise. Sie verstehen es, Ihre Gefühle klug auf jedes Ziel auszurichten, das Sie anstreben. Worin das Ziel letztlich besteht, entscheiden bei Ihnen die Kraft der Intuition und Ihr Einfühlungsvermögen.“ Aha. Dankeschön. Dann kann ich ja jetzt mit neu gestärktem Selbstbewusstsein auf die Suche gehen.

Das Problem daran ist nur, dass ich nicht sehr weit komme. Das ist der zweite Unterschied von Parship zu den anderen. Es gibt kein Foto kostenlos zu sehen - auch nicht bei persönlicher Bildfreigabe durch ihn für mich! Keine E-Mail wird ohne kostenpflichtige Mitgliedschaft erlaubt und selbst wenn mich ein Mann anspricht, kann ich ihm nicht antworten, ohne vorher anzukreuzen, ob ich 30, 40 oder 60 Euro pro Monat zahlen will. Da kann von freiwilligem Wollen wohl keine Rede mehr sein.

Auch die Elitepartner und mein „Testsieger“ neu.de haben Premiums-Mitgliedschaften, die kostenpflichtig sind. Damit erweitern sich die Möglichkeiten in der Community. Dass ich aber ohne eine Mitgliedschaft noch nicht einmal ein Gesicht sehen darf - da ist Parship alleiniger Spitzenreiter.

Nicht sehr individuell, aber nett

Bei neu.de ist es nett. Die Seite ist modern und freundlich, die Funktionen sind übersichtlich angeordnet. Es gibt einen Chat, die Möglichkeit, anderen Benutzern ein Smiley zu schicken (so weiß ich, wer mich angelächelt hat) und ein Postfach. Einziges Manko: Mein Profil kann ich nur durch Ankreuzen erstellen. Das macht es für die Suchmaschine einfacher und präziser. Ich selbst muss mich aber den virtuellen Häkchen beugen, die ich setze oder eben nicht. Das macht mein Profil nicht eben individuell. Es ist einfach die Aufzählung vorgegebener Eigenschaften.

Als Christin bin ich natürlich dankbar für das Angebot, ein Häkchen zu setzen bei „Für mich ist die Ehe heilig“ und „Meine Religion: Christ, aktiv praktizierend“. Damit kann ich immerhin ein kleines Statement abgeben. Ich habe sogar die Möglichkeit, ihn zu suchen. Kann angeben, wie er aussieht, was er gerne isst, seine Haarfarbe, sein Kleidungsstil, sein attraktivstes Merkmal, und, und, und.

Warum habe ich den leisen Verdacht, dass Mister Perfect dabei herauskommt und die Suchergebnisse sich sehr in Grenzen halten werden? Aber abgesehen davon: Wer in der Lage ist, die Suchfunktionen ordentlich zu bedienen und in den starren Formularen zwischen den Zeilen zu lesen, der kommt womöglich – so wie ich – ins Gespräch. Ein, zwei nette Chats hab ich gehabt. Meine Hochzeit wird nicht dabei herauskommen, aber das muss sie ja auch nicht.

Bleib Dir treu – auch in der virtuellen Welt

Meine Schlussfolgerung zu Singlebörsen im Selbstversuch ist: Mir hat’s nichts gebracht. Also, jedenfalls keinen Mann. Vielleicht fehlt mir ja die Geduld und ich muss meine Profile einfach noch weiter schön pflegen? Könnte sein. Vielleicht bin ich nicht vehement genug und muss die 30 Euro investieren, um zum romantischen Erfolg zu kommen?

Legitim ist die Onlinesuche allemal. Das Internet ist auch Treffpunkt von Menschen. Virtuelle Plattformen werden genutzt, als würde man sich Auge in Auge gegenüber stehen. So ist es eben mittlerweile. Die Communitys gehören zur Person dazu, wir leben Internet.

Es scheint mir nur wichtig, sich als Person auch dort authentisch zu präsentieren. Mit gegebenem Misstrauen und Zurückhaltung natürlich – Stichworte Datenklau, Phishing und dergleichen! Wahrhaftig bleiben gilt auch für die Singlebörse. Denn: eine echte Partnerschaft hat nun mal auch mit der Realität zu tun. Sehen, anfassen, sich hören, gesehen werden. Da hilft die virtuelle Schönheits- oder Persönlichkeitskorrektur sowieso nicht weiter.
 

Autor/-in: Mirjam Langenbach

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