15.05.2023 / Wort zum Tag

Gotteslob statt Sprachbarrieren

Die er aus den Ländern zusammengebracht hat von Osten und Westen, von Norden und Süden: Die sollen dem HERRN danken für seine Güte und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut.

Psalm 107,3.8

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Hello, bonjour und guten Tag! Salvete und jónapot! Fremdsprachen begeistern mich. Vielleicht schütteln Sie jetzt den Kopf, weil Englisch oder Latein in der Schule Ihr absolutes Hassfach war. Aber bei mir ist es umgekehrt. Ich „sammle“ quasi Fremdsprachen. Nicht nur zum Selber-Sprechen, sondern ich habe Spaß daran, fremde Sprachen zu erkennen: auf der Straße, im Zug, egal wo. Ich gehe gerne auf Leute zu und frage sie, welche Sprache sie sprechen, wenn ich es nicht einordnen kann. Da kommen oft nette Gespräche zustande.

Fremdsprachen stehen nicht nur für sich, sondern sie sind verbunden mit dem Volk, der Kultur, dem Land dahinter. Wenn man eine Sprache lernt, geht es nie nur um Vokabeln und Grammatik, sondern um die Geschichte und Traditionen, Küche und Kultur des Landes. Letztlich geht es um die Menschen selbst.

Sprachbarrieren können uns Menschen trennen. Es ist frustrierend, jemandem etwas sagen oder ihn verstehen zu wollen, es aber mangels Sprachkenntnissen nicht zu können.

Sprachbarrieren können aber auch überwunden werden. Das sehe ich immer wieder an Kindern. Unsere jüngste Tochter hat sich kürzlich im Frankreich-Urlaub mit den Nachbarsjungs befreundet, ohne auch nur ein Wort Französisch zu können; und die Jungen konnten kein Deutsch. Trotzdem haben sie wunderbar miteinander gespielt.

Wir Erwachsenen tun uns schwerer. Aber auch wir können Sprachbarrieren und Fremdheit überwinden. Dazu braucht es etwas, das uns Menschen verbindet, ähnlich wie das Spielen Kinder verbindet. Je fremder mir der andere ist, desto schwerer, etwas Gemeinsames, Verbindendes zu finden.

Eine meiner schönsten Erfahrungen im Leben war eine internationale christliche Studentenkonferenz in Ungarn. Dort waren ca. 1000 junge Menschen aus der ganzen Welt. Auf den ersten Blick waren wir sehr unterschiedlich, die Sprachbarriere oft spürbar. Und doch hatten wir eins gemeinsam, was uns alle verband: der Glaube an Jesus Christus.

Wir feierten zusammen Ostern, sangen miteinander Lieder für Gott und freuten uns gemeinsam, dass Jesus auferstanden ist und wir mit ihm leben dürfen. Wir erzählten einander davon, wie Gott in unseren Ländern und persönlichen Leben wirkt. Wie Gott Wunder tut, wie er uns liebevoll begegnet und in schönen und schweren Zeiten begleitet.

Plötzlich waren alle Grenzen überwunden: Sprache, Kultur, Gewohnheiten – all das rückte in den Hintergrund. Jesus Christus stand im Mittelpunkt. So wie die Sonne ihre Strahlen in alle Richtungen aussendet, und das Licht hell strahlt, ohne dass man die einzelnen Strahlen unterscheiden könnte, genauso war Jesus Christus unsere Mitte, unsere Lichtquelle. Die Unterschiede verblassten; unser Herr in unserer Mitte leuchtete auf und machte uns gemeinsam hell.

Mich erinnert das sehr an den Satz von König David in der Bibel, der in Psalm 107 steht: „Die Menschen, die Gott aus den Ländern zusammengebracht hat von Osten und Westen, von Norden und Süden: Die sollen dem HERRN danken für seine Güte und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut.“

Der schönste Moment auf der Konferenz war für mich das gemeinsame Beten des Vaterunsers. Wussten Sie, dass der Rhythmus dieses Gebets, das Jesus selbst seine Freunde gelehrt hat, in allen Sprachen gleich ist? Man kann es in sämtlichen Sprachen gemeinsam gleichzeitig beten, und es passt zusammen.

Mir trieb dieses gemeinsame Gebet Tränen in die Augen: So muss es einmal im Himmel sein. Wir werden gemeinsam Gott anbeten, und unsere Sprache spielt keine Rolle mehr. Jeder weiß, was der andere sagt. Denn es geht nicht um uns und das was uns trennt, sondern um Gott selbst und das, was uns verbindet. Gott und seine Güte stehen im Mittelpunkt. Seine Wunder machen uns gemeinsam dankbar, egal ob wir aus dem Norden oder Süden, Osten oder Westen unserer Erdkugel kommen.

So ist dieser Satz von König David auch zu verstehen: Einerseits gilt er schon im Diesseits, wenn wir aus verschiedenen Ländern und Kulturen zusammenkommen, um Gott zu loben. Das macht aus Feinden Freunde; egal ob Russen und Ukrainer oder Hutu und Tutsi: Ich habe wieder und wieder erlebt, dass durch den gemeinsamen Glauben an Jesus Christus Versöhnung geschieht.

Gleichzeitig gibt dieser Satz Davids auch schon einen Vorgeschmack auf den Himmel. So habe ich mich beim vielsprachigen Vaterunser an Ostern in Ungarn gefühlt: ein Augenblick des geöffneten Himmels, Gott in der Mitte, seine Menschenkinder um ihn, verbunden durch das gemeinsame Loben Gottes. So wird es im Himmel sein. Darauf freue ich mich schon sehr. Sie auch?

Autor/-in: Gabriele Berger-Farago