01.09.2024 / Bibel heute

Gottes ewige Treue

Halleluja! Lobe den HERRN, meine Seele! / Ich will den HERRN loben, solange ich lebe, und meinem Gott lobsingen, solange ich bin. Verlasset euch nicht auf Fürsten; sie sind Menschen, die können ja nicht helfen.

Psalm 146

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Welch ein Segen, dass wir die 150 Psalmen des ersten Bundesvolkes Gottes haben! Weil diese wunderbare Auswahl dieser Gebete und Lieder aufgeschrieben und zusammengefasst wurde, konnten sie unzählige Menschen Jahrtausende hindurch nachbeten und nachsingen. So erfreuen und stärken sie auch unsere Glaubens-Wege mit Gott. Nun wird in den letzten Psalmen kräftig und aus ganzem Herzen das Halleluja angestimmt: Unserem Gott gehört Lob, und das aus ganzem Herzen. Er regiert seine Welt; er wird alles zu einer guten Vollendung bringen.

Menschen in ganz verschiedenen Lebenslagen und Erfahrungen kommen in den Psalmen zu Wort – und sie bringen Gott zur Sprache. Beide Seiten stehen dabei in einem sehr lebendigen Dialog: Menschen sprechen sich aus – vor und unter Gott. Ihn zu loben – dazu fordert der Psalmbeter seine eigene Seele auf, ja, macht dies zum Bekenntnis für sein ganzes Leben: „Ich will den Herrn loben, solange ich lebe!“

In den Psalmen kommt der ganze Mensch vor, so wie es ihm ergeht. Hier darf gefragt, geklagt, gehadert werden. Da wird erbeten und gerungen. Viele Psalmen danken Gott für sein Eingreifen und preisen darüber seine Größe.

Psalm 146 ist so besonders, weil er zum einen die Nöte und Anliegen der Menschen kennt und anspricht – dabei aber nicht zu immer neuen Fragen, zu Vorhaltungen oder ins Klagen kommt. Der Psalmbeter gedenkt an alle möglichen Notlagen. Er ist sich angesichts all dessen gewiss, dass Gott auf all das sieht, eingreift, Schutz bietet, rettet. Auch hochkritische Lebenslagen weiß er in Gottes Gnade und Allmacht aufgehoben. Was er da betet und singt, speist sich daraus, dass er erkannt hat, mit welch einem großen Gott er unterwegs ist.  Er preist Gott als den, der er ist und dafür, was er tut – an seinen Menschen, in der Welt. So lobt er Gottes Schöpferkraft, seine ewige Treue, seine Fürsorge, seine Liebe, seine Herrschaft. Diese Worte nachzusprechen – das tut nun auch unserer Seele sehr gut. Ohne dass der Beter verschweigt, wie es Menschen ergehen kann, lässt er sich dadurch nicht herunterziehen. Er entzieht sich alledem nicht mithilfe emotionaler Höhenflüge, sondern weiß, dass Gott mächtig bleibt und ein Gott ist, der retten kann und will.

Was tun, wenn wir wirklich schwach sind, körperlich müde oder seelisch erschöpft, wenn uns dunkle Stunden verzweifeln lassen – ja, wenn uns einmal sogar die Worte fehlen, unser Ergehen auszusprechen. Gerade dann ist es heilsam, sich an Gott zu wenden und alles in Gott zu bergen. Das gilt uns: Wir können Gott nahe sein, weil er sich über die Seinen erbarmt und niemand wegschickt, der bei ihm Hilfe sucht. Das ganze Paket von Anliegen, die uns immer neu beschäftigen, was auch immer wir vortragen – all das darf uns nicht daran hindern, unseren Gott über alle Dinge zu lieben, zu fürchten, ihm zu vertrauen und alle Ehre zu geben.

Genauso entfaltet dieser Psalm seine Kraft wie eine gesunde Medizin. Wer sie einnimmt, der dreht sich nicht immer neu letztlich um sich selbst. Ziel ist es, sich nicht in einem Labyrinth aus Sorgen zu verirren. Wer sich so, wie der Beter es uns hier vorspricht, in Gott bergen kann, der richtet sich ganz auf ihn und sein heilsames Wirken aus.

Der Psalm verzichtet sogar auf einzelne Danksagungen für empfangene Wohltaten und Hilfe. Gott ist immer schon da und greift als der Souverän zu seiner Zeit ein. Dies zu erkennen, führt den Psalmbeter zum anbetenden Lob. Damit richtet der Beter seine und unsere Blicke auf das, was von ewiger Dauer ist. Vers 2: „Ich will den Herrn loben, solange ich lebe, und meinem Gott lobsingen, solange ich bin.“ Das ist Zukunftsmusik. Ja, noch bringen wir Bitten und Klagen vor Gott, einst aber werden letzte Gebete vor Gottes Thron gekommen sein. Was wir jetzt glauben und erhoffen, wird in eine Zeit übergehen, in der sich alles ins Schauen hinein auflöst, alles vollendet sein wird.

Gewiss, in guten Zeiten, im Vollbesitz unserer Kräfte und Möglichkeiten, fällt es uns leichter, positiv über und mit Gott zu sprechen. Wir alle wollen Fortschritte, brauchen offene Türen, Zuversicht. Unser Lob an Gott darf aber eben nicht an bestimmte Stimmungen oder Umstände gebunden sein. Diese Zeilen ermutigen also dazu, Gewissheit zu verbreiten, dass er alles in seinen guten Händen hält.

Hier denke ich an den Apostel Paulus, wie er Jahrhunderte später sogar im Gefängnis, als Geschundener, seinem Herrn Loblieder sang. Gar viele haben inmitten größter Not keine Wende erlebt, bargen sich aber in Gott. Die eindrücklichste Anschauung davon hatte ich in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Neben den Erinnerungsbildern und -tafeln zu dem Vernichtungs-Wahn des Nazi-Terrors sind Schilder eines Rabbis angebracht mit den Worten: ‚Gepriesen seist Du Gott über alledem’. Gott blieb für ihn größer als das Leid, ja sogar Vernichtung. Dieses Bekenntnis aus dem modernen Kaddisch-Gesangbuch Israels hat mich sehr berührt.

Psalm 146 lädt ein, gerade angesichts schwieriger Menschen und übler Mächte auf die Kraft Gottes zu vertrauen: „Verlasst euch nicht auf Fürsten, auf ein Menschenkind, bei dem keine Rettung ist!“ Auch die Machtfülle Hochstehender bringt keine Rettung. Unsere menschlichen Schwächen begrenzen dennoch Gottes Hilfe nicht.

Der Psalmbeter bleibt Realist: Ja, der Geist des Menschen muss einmal ausfahren; unser Leben mit all unseren Plänen endet; wir werden wieder zu Erde. Gottes Güte und Liebe aber bleiben unerschöpflich. Er gibt über die Maßen, weil er so unendlich groß und gütig ist.

„Wohl dem, dessen Hilfe der Gott Jakobs ist, dessen Hoffnung ruht auf dem Herrn, seinem Gott.“ Er hat Himmel und Erde gemacht, das Meer und alles, was darin ist – er bewahrt Treue auf ewig. Hat er doch dies alles zustande gebracht. Der unsere Welt und unser kleines Leben erhält, bleibt den Seinen auf ewig treu. Das gilt für Unterdrückte, denen er Recht verschafft. Hungrigen gibt er Brot, Gebundene befreit er. Er richtet die Niedergeschlagenen auf, macht Blinde sehend. Er richtet die Elenden auf, liebt die Gerechten, behütet den Fremdling, erhält Witwen und Waisen. Damit erweist Gott seine Macht und liebevolle Fürsorge.

Der Psalm mündet in das Lob der Königsherrschaft Gottes – und schreibt sie ins Stammbuch kommender Generationen. Die Reiche unserer Welt fallen; das Reich, das für uns Christen Jesus verkündet und eröffnet hat, kann aber nie untergehen. Auch wenn Psalmen enden, wird doch das Lob des Herrn nie enden. Lassen wir uns von diesem Strom der Zuversicht mitnehmen. Das tut unserer Seele und unserem Geist so gut!

Autor/-in: Pfarrer Dr. Traugott Farnbacher