02.02.2023 / Wort zum Tag

Gott tut Worte!

Ich will wachen über meinem Wort, dass ich’s tue.

Jeremia 1,12

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„Ich hör‘ euch reden / Doch niemals fragen
Ich hör‘ euch reden – reden, doch nichts sagen
Worte, nichts als Worte / Ich hab‘ fast alles schon gehört
Nichts als leere Phrasen“

So beginnt ein Titel der deutschen Band Böhse Onkelz aus dem Jahr 2016. Worte, nichts als Worte, leere Phrasen. Das kenne ich: Reden, die nichts sagen. Versprechen, die gebrochen werden. Zusagen, die nicht erfüllt werden. Drohungen, die nicht umgesetzt werden. Sonntagsreden, die die Zeit des Zuhörens nicht wert sind. Das alles gilt für Parteitagsreden genauso wie für unser persönliches Miteinander.

Und in unsere aktuelle „Wort-Verdrossenheit“ kommt wie ein Paukenschlag ein Wort von Gott. Seine Aussage ist uns überliefert durch den Propheten Jeremia: Ich will wachen über meinem Wort, dass ich’s tue. (Jer. 1, 12) Vielleicht helfen in wortverdrossener Zeit drei kurze Gedanken.

1. Jeremias Arbeit möchte ich nicht machen!

 Für mich ist der Prophet Jeremia im Alten Testament einer der bemitleidenswertesten und gleichzeitig einer der beeindruckendsten. Er brachte 100 Prozent Einsatz - und hatte 0 Prozent Erfolg. Zu allem Überfluss wusste er das Endergebnis schon, bevor er überhaupt angefangen hatte. Gott hatte es ihm schon in die Aufgabenbeschreibung gepackt. 

Er wusste: Ich werde Gottes Gericht ankündigen, dem seine Gnade folgt. Aber ich werde nichts ausrichten. Es wird keinerlei Bußbewegung nach meinen Reden und Aktionen geben, keine Umkehr des Denkens, keine Hinkehr zu Gott. Er wusste: Es wird irgendwann alles so kommen, wie Gott es vorausgesagt und angedroht hat. Und trotzdem übernahm er diese Aufgabe als Prophet. Der Heilige zwingt den Profanen in seinen Dienst. Ganz ehrlich? Ich und Sie - wir hätten es nicht machen wollen! Viele Jahre, mindestens zwei Jahrzehnte Gericht zu predigen - und nichts tut sich. Weder kehren Menschen um noch tritt das Gericht ein. „Worte, nichts als Worte, leere Phrasen.“ Und alle gewöhnen sich daran, dass nichts geschieht und Worte wertlos sind. Wie oft wird Jeremia an seinen eigenen Reden gezweifelt haben? Wie oft werden seine Zuhörer wie die Böhsen Onkelz im Eingangszitat reagiert haben? Nein, Jeremias Arbeit möchte ich nicht machen.

2. Gottes Arbeit kann ich nicht machen!

Das alles scheint Gott in keiner Weise zu beeindrucken. Weder zahlt er Jeremia ein Schmerzensgeld für seine frustrierende Prophetentätigkeit noch ist er erstaunt über die ausbleibende Umkehr der Zuhörenden. Warum bleibt Gott so gelassen? Warum steuert er nicht hektisch dagegen, verschärft vielleicht noch einmal die Gerichtsandrohung oder treibt Jeremia noch einmal zur größeren Anstrengung an? Die Antwort ist so einfach wie aus einer anderen Welt: Gott will etwas, sagt es - und es geschieht. Das können wir kaum denken, können es uns nicht vorstellen. Und wir können es ihm erst recht nicht gleichtun. Unsere Welt ist die der Böhsen Onkelz, die des Jeremia, die unserer eigenen „Wort-Verdrossenheit“. Gott dagegen artikuliert seinen Willen durch seine Worte mit einer Autorität, die dem Schöpfer und Erhalter der Welt zu eigen ist. Gottes Arbeit kann ich nicht machen.

3. Gottes Tun heißt Wachen!

 Ich will wachen über meinem Wort, dass ich’s tue. (Jer. 1, 12) Das ist der erklärte Wille Gottes. Er will, er sagt, er tut. Dass sein Wort Wirklichkeit wird, darum kümmert sich Gott. Dass sein Wort Wirklichkeit wurde, brauchte ein Sprachrohr: Jeremia. Brauchte Zeit, vier Jahrzehnte. Und brauchte eine Autorität, Gott und seinen Willen, darüber zu wachen. Vier Jahrzehnte, in denen sich die Aufrufe zur Umkehr durch Nehemia so abgenutzt hatten wie ein täglich benutztes Messer, das stumpf geworden war. Aber Gott verlor sein Ziel nicht aus den Augen, Gericht und Gnade zu bringen. Und so wurde Gottes Wort Wirklichkeit nach 40 Jahren nach dem Beginn der Prophetentätigkeit Jeremias. Gott war 40 Jahre lang wachsam, während alle anderen sich an die scheinbare Wirklichkeit der leeren Worte gewöhnt hatten. Ja, Gott kennt keinen Sekundenschlaf und auch keinen Schlaf, der Jahrzehnte dauert. Gott will, er sagt, er tut. Das versöhnt mich übrigens am Ende mit Jeremias vordergründig so frustrierenden Auftrag: Bei aller vorhergesagten Erfolglosigkeit arbeitete Jeremia für einen Gott, dessen Autorität seinen Willen zur Wirklichkeit macht. Immer. Darüber wacht Gott selbst.

Autor/-in: Michael vom Ende