29.07.2018 / Wort zum Tag

Gott hat sich zurückgezogen

Fürwahr, du bist ein verborgener Gott, du Gott Israels, der Heiland.

Jesaja 45,15

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Gott ist verborgen. Gott hat sich zurückgezogen. Gott hat uns vergessen. Das können wir auch heute erleben. Ein geliebter Mensch ist viel zu früh gestorben. Der Arzt hat eine schlimme Krankheit entdeckt. Ein Kollege hat mich innerlich sehr verletzt. Ich leide darunter. Da entstehen viele Fragen. Warum passieren mir diese Dinge? Welchen Sinn, welchen Wert hat diese Krankheit oder diese Not? Warum hat es Gott nicht verhindert? Hat er mich etwa in diese notvolle Situation gebracht? Warum? Wozu? Soll es irgendeinem Zweck dienen, den ich nicht kenne? Gibt es einen tieferen Sinn, der mir verborgen ist, den mir Gott nicht sagen will?

Oft bekommen wir auf diese Fragen keine Antwort, die uns zufrieden stellt. So ist Gott für uns ein verborgener Gott. Wir verstehen sein Wirken und Handeln nicht. Wenn Jesaja  davon spricht, dass Gott verborgen ist, dann will er uns helfen, Gottes Verborgenheit anzunehmen, wenn wir sie erleben. Wie ging es den Jüngern, nachdem Jesus gestorben ist? Wo haben sie am Karsamstag erlebt, dass Gott in ihrer Nähe ist? Hat sich Gott nicht zurückgezogen und sie verlassen? Und trotzdem hat Gott sie nicht verlassen. Das haben sie am Ostersonntag erfahren. Jesus ist auferstanden und ihnen begegnet. Gott kann verborgen sein in Abschnitten unseres Lebens. Doch wegen Jesus Christus sind wir nicht von ihm verlassen. Wir sollten nicht endlos nach einem Sinn suchen und uns dabei aufreiben, wenn wir jetzt keine Antworten auf unsere Fragen finden. Manchmal können wir erst im Rückblick verstehen, warum wir Schweres erleben mussten. Martin Luther hat mal gesagt: „Die Wege Gottes sind wie ein hebräisches Buch, das man nur von hinten lesen kann.“

So ging es auch dem Josef. Er hat nicht verstanden, warum ihn seine Brüder als 17-jährigen Jungen nach Ägypten verkauft haben. Sie waren auf ihn neidisch, weil ihn sein Vater bevorzugt hat. Dieser junge Bruder war ihnen ein Dorn im Auge. Bei der nächstbesten Gelegenheit trennten sie sich von ihm. Für Geld wurde er als Sklave an einen sehr wichtigen Mitarbeiter des Pharao in Ägypten verkauft. Schließlich landete Josef sogar unschuldig im Gefängnis. Das war der Tiefpunkt seiner Biographie. 13 Jahre hat es gedauert, bis er als bewährter Traumdeuter zum Thron des Pharao geführt wurde. Josef deutete die Träume des höchsten Herrschers in Ägypten. Er sagte eine Hungersnot voraus und gab Ratschläge, diese nationale Not zu lösen. Die Hungernot führte seine Brüder nach Ägypten. Josef testete seine Brüder, ob sie immer noch eine feindselige Gesinnung hatten. Schließlich gab er sich ihnen zu erkennen. Er ließ seinen Vater mit der ganzen Familie zu sich kommen und in seiner Nähe wohnen. Im Rückblick auf diese Zeiten, in denen vom Wirken Gottes nicht viel zu sehen war, stellte er fest: „Ihr Brüder gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen“ (Gen. 50, 20).

Gott hat sich in dieser Geschichte als Helfer, Retter und Heiland erwiesen. Unser Retter ist Jesus Christus. Er hat versprochen, dass einmal alle offenen Fragen beantwortet werden. Seinen Worten zu vertrauen hilft uns, zuversichtlich die unbegreiflichen Wege Gottes anzunehmen.

Autor/-in: Pfarrer Johannes Hruby