17.09.2022 / Wort zum Tag

Gerecht

Gerechtigkeit und Recht sind deines Thrones Stütze, Gnade und Treue treten vor dein Angesicht.

Psalm 89,15

Ihr Browser unterstützt HTML5 Audio nicht!

Die Losung der Herrnhuter Brüdergemeine (Jes. 32,18) von gestern hat uns erinnert, wie wichtig Gott der Frieden ist. Aber Frieden ist nicht einfach die Abwesenheit von Krieg. Wenn Menschen mit Gewalt so niedergehalten werden, dass sie nicht mehr aufbegehren, kann man das kaum Frieden nennen. Es gibt einen faulen Frieden, der selbst über größtes Unrecht zum Schweigen zwingt. Ein Frieden, wie Gott ihn will, muss allen Menschen dienen. Deshalb heißt es in der Losung aus Psalm 89,15:

„Gerechtigkeit und Recht sind deines Thrones Stütze, Gnade und Treue treten vor dein Angesicht.“

Frieden und Gerechtigkeit stehen in einem engen Zusammenhang. Ohne Gerechtigkeit gibt es keinen dauerhaften Frieden. Nun gibt es sehr verschiedene Vorstellungen davon, wie Gerechtigkeit hergestellt wird. Die einen sagen, alle Menschen müssten vom gemeinsamen Reichtum gleich viel abbekommen. Andere finden, wer mehr leistet, hat auch mehr vom Kuchen verdient.

Aber woran messen wir eigentlich Leistung? Und was ist mit denen, die ohne eigene Schuld weniger leistungsfähig sind? Auch die Bibel beantwortet diese Fragen nicht. Mindestens nicht so, dass wir die Antwort geradlinig in politisches Handeln überführen könnten. Aber eines sagt sie ganz klar: Gott ist die Gerechtigkeit leidenschaftlich wichtig.

Die Menschen der Bibel wussten, was ein Unrechtsregime ist. Gottes Volk war in seiner Geschichte oft fremden Machthabern unterworfen. Sie raubten das Land aus und unterjochten die Menschen. Auch Israels eigene Herrscher füllten sich oft nur die eigenen Taschen und regierten mit Willkür.

Aber wer so herrscht, setzt sich zum lebendigen Gott in Widerspruch.

Allerdings greift Gott nicht einfach ein und bringt die Welt mal eben schnell in Ordnung. Er ruft uns auf, der Gerechtigkeit zu dienen. Er stellt jeden in die Verantwortung, an seinem Platz nach bestem Wissen und Gewissen recht zu tun und den eigenen Einfluss zum gemeinsamen Wohl zu nutzen. Erst am Ende der Zeiten wird Gott selbst über diese ganze Menschheitsgeschichte Recht sprechen und seine Gerechtigkeit herstellen.

Wenn Gott Frieden und Gerechtigkeit so wichtig sind, steht dahinter letztlich seine Liebe. Diese Liebe deckt Schuld und Unrecht auf. Das ist sie den Opfern schuldig. Aber sie sorgt zugleich dafür, dass das Urteil den Schuldigen nicht zerstört. Denn auch er bleibt von Gott geliebt. Es geht im Gericht Gottes nicht um die größtmögliche Bestrafung. Auch Recht und Gesetz sollen dem Leben dienen. Deshalb gehört zur Gerechtigkeit die Gnade. Sie erhält das Leben auch dort, wo es eigentlich durch Schuld verwirkt wäre.

Dabei redet Gnade die Schuld in keiner Weise klein. Sie kann überhaupt nur dort walten, wo ein klares Urteil vorausgeht. In der Begnadigung rettet der Richter den Verurteilten vor den Folgen seines Tuns. Auch er ist ja ein Mensch, der nach Gottes Willen leben soll. Gottes Gnade ist seine angewandte Treue, die er jedem Menschen unverbrüchlich zugesagt hat. „Sind wir untreu, so ist er doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen,“ schreibt Paulus (2. Tim. 2,13).

Erst recht ist Gnade kein Ausdruck von Schwäche. Im Gegenteil! Sie zeugt von einer Stärke, die das Böse nicht mehr fürchten muss, weil es endgültig besiegt ist. Gottes Liebe will dem Bösen auch seine letzte Wirkung rauben. Wenn es nach Gott geht, muss kein einziger Mensch an seiner eigenen Schuld auf ewig sterben. Daran lässt die Bibel keinen Zweifel.

Autor/-in: Martin Leupold