02.04.2018 / Wort zum Tag

Geplagt

Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht, und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe.

Psalm 22,3

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Kennen Sie das? Sie sind von schwerem Leiden geplagt. Vielleicht trauern sie um einen lieben Menschen. Oder sie haben gerade eine niederschmetternde Diagnose bekommen. Und dann kommen von anderen gute Ratschläge. Kopf hoch, das wird schon wieder! Oder auch fromm: Du musst einfach glauben! Dann hast du keine Probleme mehr! Sie denken, wenn Sie so etwas hören: „Wenn du einmal in meiner Situation wärst, würdest du das nicht so einfach sagen.“ Sie spüren: Letztlich können andere Sie nicht richtig verstehen. Sie wissen nicht, wie sich das anfühlt. Es gibt nur eine Ausnahme. Das ist, wenn jemand dasselbe oder ähnliches auch schon erlebt hat. Der wird Sie verstehen können. Und der wird dann auch nicht zu schnell mit gut gemeinten Ratschlägen kommen.

In der Bibel gibt es auch nicht nur gute Erfahrungen. Da wird uns auch von Menschen berichtet, die ganz Schweres erleben. Und die das auch deutlich zum Ausdruck bringen. Z.B. in dem heutigen Bibelwort aus Psalm 22,3. Da heißt es: „Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht, und des Nachts finde ich keine Ruhe.“ Der König David, der diesen Psalm geschrieben hat, befindet sich in größter Not. Er hat das Gefühl, Gott ist ganz weit weg. Vielleicht empfinden Sie das zurzeit auch so. Dann kann es ein Trost sein, dass Sie damit nicht allein sind. Schon in der Bibel haben Menschen ähnlichen Erfahrungen gemacht. David hat Worte gefunden, diese Gefühle auszudrücken. In einem Gebet. So können Sie auch beten, wenn Sie den Eindruck haben: Es ist alles so schwer. Und Gott hat mich verlassen. Sie können ihm das alles sagen. Oder entgegen schreien. So wie David das getan hat.

Mancher fragt sich in schweren Zeiten: Was habe ich nur verbrochen, dass mir so etwas zustößt? Oder: Bin ich vielleicht gar nicht richtig Christ? Schauen wir noch einmal auf den, der unser Psalmwort geschrieben hat. Das war der König David. David war nicht irgendjemand. Sondern der von Gott erwählte König für Israel. Und ausgerechnet dieser erwählte König muss so viel Schweres durchmachen. Und ausgerechtet er hat das Gefühl, dass Gott ganz weit weg ist. Das zu sehen kann auch tröstlich sein. Dann müssen wir uns im Leiden nicht auch noch mit dem Eindruck plagen: Wenn es mir schlecht geht, bin ich nur selbst schuld daran. Oder: Wenn es mir schlecht geht, heißt das, dass Gott mich nicht haben will.

Der Psalm 22, aus dem das heutige Bibelwort stammt, kommt in der Bibel noch an einer anderen Stelle vor: bei Jesus. Jesus hat am Kreuz einen Vers aus diesen Psalm gesprochen. Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?, fragt er da. Jesus kann wirklich verstehen, wie es sich anfühlt zu leiden. Er hat alles Schmerzliche, was wir durchmachen, selbst erlebt und erlitten. Und er weiß auch, was es heißt, nach dem „Warum“ zu fragen. Darum kann er uns gerade in schweren Zeiten besonders nahe sein. Wenn Sie gerade in einer solchen Zeit sind, mache ich Ihnen Mut, sich ihm neu anzuvertrauen. Dann sind nicht gleich alle Probleme weg. Aber dann sind Sie nicht allein. Jesus kann Sie verstehen. Und so, wie er nach seinem Tod am Kreuz auferstanden ist, kann es dann auch für Sie einen neuen Anfang geben. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen für heute, dass Sie ihm vertrauen können und erfahren: Jesus ist Ihnen ganz nahe. 

Autor/-in: Pfarrer Dr. Christian Schwark