29.04.2022 / Wort zum Tag

Gelebter Alltag

Seid untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.

Epheser 4,32

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Der Apostel Paulus schreibt diese Zeilen aus dem Gefängnis. Er schreibt sie an Christen in Ephesus, die noch nicht lange mit Jesus auf dem Weg sind.

Was er ihnen schreibt, hat auch Bedeutung für alle Christen. Es gibt etliche Ausleger, die meinen, dass der Brief als Rundschreiben auch an andere Gemeinden der damaligen Zeit ging. Paulus jammert und klagt nicht. Nein, er preist Gott für das Wunder seiner Kirche. Er lobt Gott für sein großartiges Heilswerk. Er erinnert die jungen Christen daran, was ihnen von Gott durch Jesus Christus geschenkt ist. So stärkt er ihren Glauben. In den ersten drei Kapiteln seines Briefes beschreibt der Apostel das Heilsgeschehen. In den drei folgenden Kapiteln geht es ihm um das neue Leben aus der Gnade. In ganz praktischen Anweisungen zeigt der Apostel auf, wie das Christsein im ganz alltäglichen Miteinander Gestalt annehmen soll. Wir wissen es aus eigener Erfahrung: In der Ehe, in der Familie, am Arbeitsplatz, in der Schulklasse – eben überall da, wo Menschen zusammenleben und sich begegnen, kann es Probleme geben.

Auch zwischen Christen, auch in der christlichen Gemeinde kann es zu Meinungsverschiedenheiten, Konflikten und Auseinandersetzungen kommen. Wo unterschiedliche Menschen miteinander zusammen sind, treffen verschiedene Charaktere aufeinander. Jeder hat seine eigene Geschichte, seine Stärken und Schwächen, seine Eigenarten und Besonderheiten, seine Einstellungen und Ansichten. Manchmal ist es nicht leicht, Mitmenschen in ihrem Sosein in Liebe anzunehmen. Was im Alltagsleben gilt, kann sich eben auch im Leben einer christlichen Gemeinde zeigen. Das Sprichwort sagt: „Wo gehobelt wird, fallen Späne.“ Jeder, auch unter uns weiß, dass Christsein ein lebenslanger Lernprozess ist. Auch wer bewusst mit Jesus Christus lebt, erfährt immer wieder Scheitern und Schuldigwerden. Wir werden schuldig an anderen Menschen und vor allem vor Gott. Immer wieder wird der Heilige Geist gekränkt. Trotz aller Bemühungen um ein Leben nach Gottes Willen ist Kurskorrektur immer wieder nötig. Wir bleiben ein Leben lang Sünder, die auf die Gnade Gottes und auf Vergebung angewiesen sind.

Das Bibelwort gilt für die Christen in Ephesus und anderswo. Es gilt für Menschen, die erst seit kurzer Zeit durch die Taufe in den Leib Christi hineingebunden wurden. Es gilt auch für die, die schon länger Jesus nachfolgen. Das gilt für jede und jeden unter uns, die wir seinen Namen tragen. Durch den Verweis auf Jesus Christus und sein Heilswerk erweist sich Paulus nicht als Moralapostel, sondern als treuer Zeuge Jesu Christi. Ihm geht es darum, dass Christen in enger Verbindung mit Jesus Christus stehen und aus seiner Kraft die Herausforderungen des Alltags bestehen. Von ihm, von seinem Vorbild, soll ihr Tun und Lassen bestimmt sein. Deshalb schreibt Paulus so wirklichkeitsnah, so klar und eindringlich:

„Seid untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus“.

Behalten Sie diese Weisungen bei allen Begegnungen mit anderen Menschen im

Gedächtnis. Auch dieser Tag ist dafür ein gutes Übungsfeld.

Autor/-in: Dekan Michael Wehrwein