14.12.2023 / Bibel heute

Gegen die Vermessenen

Weh dem, der mit seinem Schöpfer hadert, eine Scherbe unter irdenen Scherben! Spricht denn der Ton zu seinem Töpfer: »Was machst du? Dein Tun ist ungeschickt!« Weh dem, der zum Vater sagt: Warum zeugst du?, und zur Frau: Warum gebierst du? So spricht der HERR, der Heilige Israels und sein Schöpfer: Wollt ihr mich zur Rede stellen wegen meiner Söhne? Und wollt ihr mir Befehl geben wegen des Werkes meiner Hände?[...]

Jesaja 45,9–17

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Besonders Eltern, Großeltern, Geschwister oder Erzieher kennen das und können ein Lied davon singen: Kinder, die sprichwörtlich ein Loch in den Bauch fragen... „Wer, wie, was, wieso, weshalb, warum?“ Sicherlich helfen Fragen weiter. Sie helfen, um dazuzulernen. Fragen können auch einen Denk-Prozess anstoßen oder tragen dazu bei, einen Sachverhalt von verschiedenen Seiten zu beleuchten.

Eine weitere Facette des Fragens wäre es, wenn Eltern wissen wollen, warum das Kind etwas angestellt hat. Was steckt dahinter? Wie kann man es zukünftig vermeiden? Im Text aus dem Propheten Jesaja ist der Hintergrund noch einmal anders, was auch der Prophet ankreidet: „Spricht denn der Ton zu seinem Töpfer: »Was machst du? Dein Tun ist ungeschickt!«“ (Vers 9).

Wie ist die Frage im Text zu verstehen? Als Klage oder Anklage? In den Psalmen wird der Leser ermutigt, alles mit Gott zu teilen, Freud und Leid, Lob und Dank. Ja, selbst Klagen ist erlaubt. Die Beziehung zu Gott hält das aus. Hier ist ein geschützter Rahmen, um das Herz auszuschütten. In dieser Welt gibt es viel zu beklagen: Ungerechtigkeit, Missstände, Hunger und Armut und so vieles mehr. Hier ist Gott eine gute Anlaufstelle, um IHM all das zu bringen. Er hat Mitleid, ist voller Erbarmen und hat ein offenes Ohr. Gott kann Dinge wenden und wird einmal allem Leid ein Ende bereiten  (Offenbarung 21.4f). Mit Gott kann ich über alles reden und darf Leben mit IHM teilen.

Jedoch ist diese Art des Fragens, die Gott durch den Propheten Jesaja anspricht, ein Anklagen, ein Vorwurf. Steht das dem Menschen zu? Wie kommt es zu dieser Frage? Ist es ein punktuelles Problem, ein Zweifel, der schon einmal aufkommen kann? Ich denke, es ist eher die dauerhafte Grundhaltung eines widerspenstigen Volkes. Die Geschichte zieht sich wie ein roter Faden durch die Chroniken der Könige Israels: Sie taten, was dem HERRN missfiel. Angefangen bei der Regierung bis hin zum Volk.

Ist die Situation heutzutage nicht ähnlich, wo viele Politiker bei der Amtseinführung oder beim Regieren auf eigenes Können, statt auf die Weisheit und Hilfe Gottes trauen und meist an ihre Grenzen stoßen? Aber auch der „Otto-Normalverbraucher“ braucht Gott, SEINE Hilfe, SEINEN Beistand und SEINE Weisheit. Gleiches gilt im Alltag, in den Familien oder im Beruf. Ohne die „Hilfe von oben“ ist das Leben oft schwierig und trostlos.

Was spricht Jesaja im Auftrag Gottes beim Volk an? Wo legt Gott durch den Propheten den Finger in die Wunde? Die Haltung des Volkes hatte sich verschoben: Israel stellt sich über Gott. Wie kann sich der Ton über den Töpfer erheben? Hat denn der Ton den Weitblick wie der Töpfer? Kann er den Plan und die Kreativität des Schöpfers sowie alle komplexen Zusammenhänge verstehen?

An dieser Frage ist schon Hiob gescheitert und daran droht auch die heutige Menschheit in Vermessenheit zu zerbrechen. Steht es dem Menschen zu, in Gottes Handlungsbereich einzudringen und zum Beispiel über Leben (und auch Tod) zu entscheiden? Diese Frage ist hochaktuell, wo über Sterbehilfe, Abtreibung oder in Zeiten des Krieges nicht nur diskutiert wird, sondern täglich unzählige Leben durch Menschenhand enden.

Das Volk Israel ist überheblich, die Haltung der Könige wie Ahas und auch des Volkes sind Gott gegenüber nicht von Demut oder Vertrauen geprägt. Ihr Herz ist verhärtet. Sie holen sich lieber Hilfe von außen, setzen ihre Hoffnung auf Bündnisse mit Nachbarländern als sich Rat vom Schöpfer zu holen (Jesaja 30,15). Dabei läge doch die Lösung im Vertrauen auf den HERRN so nahe!

Haben wir Gott im Fokus oder vernebeln nicht die Umstände den Blick auf den HERRN? Neben zweifelhaften Bündnissen, die sich im Nachhinein als wenig hilfreich erwiesen, hatte König Ahas den Götzendienst eingeführt, wo sogar Menschenopfer gebracht wurden. Trauriger Höhepunkt des Desasters sollte die Zerstörung des Tempels im Jahre 587 v. Chr. werden, wo der religiöse Mittelpunkt in Jerusalem in Schutt und Asche fiel.

Auf welche Abwege war das Volk Israel geraten? Gibt es daraus einen Ausweg? Mir hat der Text viel zu sagen. Straucheln bleibt im Leben nicht aus. Was hilft, ist der Blick auf Jesus, dem großen Vorbild. Von IHM kann ich lernen, vertrauensvoll und in Hingabe für den himmlischen Vater zu leben. Es kommt auf die Herzenseinstellung und die Haltung zu Gott an. Ist sie von Demut und Vertrauen zu Gott geprägt? Wenn ich strauchle oder auf falschem Wege bin, gibt es dann einen Ausweg aus der verfahrenen Situation? Ich denke, ja.

In der Bibel lernen wir anhand der Geschichte Israels, dass Gott retten möchte. In Jesus gibt es die Rettung, die Vers 17 beschreibt: „Israel aber wird errettet durch den HERRN mit einer ewigen Rettung.“ SEIN Name ist Programm: In Jahwe - also in Gott - ist Rettung. In Jesus haben wir das Heil – so beschreibt es Apostelgeschichte 4,12. Durch keinen anderen werden wir aus Schuld und Versagen gerettet. Der Sohn Gottes macht frei von Selbstbezogenheit, Ängsten, Sorgen und Zwängen.

Für das Volk Israel hatte die Herzenseinstellung und Überheblichkeit Konsequenzen: Gott lässt mit Jesaja das Exil ankündigen, zeigt aber auch einen Ausweg daraus. Es gibt Hoffnung, denn Gott hält in seiner Bundestreue an seinem Volk fest. Die Gefangenschaft ist befristet und wird ausgerechnet durch den Feind, den Perserkönig Kyrus beendet (Jesaja 44,28 – Jesaja 45,1). Und hier meldet sich wieder der Hochmut des Volkes: Wieso schickt Gott uns einen Heiden als Retter?  

Gottes Tür steht für alle offen, die zu IHM umkehren und IHM vertrauen. Besonders deutlich wird dies in Kapitel 53, welches messianisch zu verstehen ist und auf Jesus und seinen stellvertretenden Tod und die Rettung für seine Nachfolger hinweist. Der Text ermutigt, Korrektur anzunehmen und nicht verstockt wie das Volk Israel zu sein. Wegweisung und Korrektur erhalten Christen durch Gottes Wort und im Gebet.

Ich lade Sie ein:

Ich möchte mit David in die Schluss-Worte aus Psalm 139,23-24 einstimmen: „Erforsche mich, o Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich es meine; und sieh, ob ich auf bösem Weg bin, und leite mich auf dem ewigen Weg!“

Autor/-in: Sabine Müller