30.08.2019 / Wort zum Tag

Geduldig warten

Gott hat Geduld mit euch und will nicht, dass jemand verloren werde, sondern dass jedermann zur Buße finde.

2. Petrus 3,9

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Warten ist nicht meine Stärke. Meine Geduld ist schnell zu Ende, wenn sich jemand verspätet.

Die Christen, an die Petrus seine Briefe schrieb, warteten darauf, dass Jesus wiederkommt. Nun erklärt ihnen Petrus, dass kein Grund besteht, dass ihnen der Geduldfaden reißt. Nicht Gott, nicht Jesus Christus, ist saumselig mit seinem Kommen zu uns, sondern wir sind es mit unserem Kommen zu ihm.

Das hat der badische Erweckungsprediger Aloys Henhöfer im vorletzten Jahrhundert mit einem schlichten Bild aus seiner Zeit deutlich gemacht: Auf dem Markplatz steht die Postkutsche. Die Uhr hat schon geschlagen. Die Leute sitzen drin. Es ist Zeit zur Abfahrt. Aber der Kutscher geht noch um die Pferde herum und blickt immer wieder die Straße hinunter. Dann geht er noch einmal um den Wagen, sieht die Bremsen nach und blickt wieder die Straße hinunter. Warum fährt er denn noch nicht ab? Plötzlich kommt ein Mann um die Ecke gebogen und geht auf die Kutsche zu; auf ihn hat er noch gewartet. Als nun auch der seinen Platz eingenommen hat, setzt sich der Kutscher auf den Bock, löst die Bremsen und nimmt die Zügel in die Hand. Die Fahrt beginnt. 

Gott gibt uns noch Zeit. Er schreibt keinen ab. Gott wartet noch, dass wir bei ihm einsteigen. Wie tröstlich, dass Petrus im 2. Petrusbrief im 3. Kapitel scheibt: Gott hat Geduld mit euch und will nicht, dass jemand verloren werde. sondern dass jedermann zur Buße finde.

Wir reden heute von Bußgeld, wenn wir gegen Verkehrsregeln verstoßen haben. Oder aber ich muss es mit zusätzlichen Pfunden auf der Waage „büßen“, wenn ich zu viel gegessen habe. Doch Buße bedeutet eigentlich etwas anderes: nämlich Umkehr. Wenn wir ohne Gott leben, zerstören wir unser eigenes Leben. Wir gehen in die Irre. Gott wartet darauf, dass wir endlich zu ihm kommen.

Gott gibt uns die Freiheit, nicht weil wir ihm egal wären, sondern weil er uns liebt. Und Liebe kann man nicht erzwingen. Er schlägt uns nicht. Er macht uns nicht fertig. Er lässt nicht Blitz und Donner auf uns herunterfahren.

Aber Gott wirbt in Geduld um jeden einzelnen Menschen. Keinen will er verlieren. Darum gab er das Kostbarste, was er hat. Seinen Sohn. Um uns zu retten.

Er droht uns nicht mit geballter Faust, sondern streckt uns in seinem Sohn seine durchbohrte Hand entgegen. Er will nicht, dass wir zum Teufel gehen. Gott wartet auf jeden. In großer Sehnsucht. Er hofft jeden Augenblick, dass wir bei ihm einsteigen. Er will nicht losfahren ohne uns.  

Im Römerbrief schreibt Paulus: (Römer 2,4) Weißt du nicht, dass dich Gottes Güte zur Buße leitet? Es ist Gottes Güte, die mich – so im Griechischen wörtlich: umdenken, einen Richtungswechsel vornehmen lässt. Gottes Geduld ist mit „großer Güte“ verschwistert. Gottes Geduld zeichnet sich  dadurch aus, dass seine „große Güte“ einen langen Atem hat. Darum reißt ihm nicht der Geduldsfaden.

Seine Liebe ist langmütig. Bei ihm gibt es keine hoffnungslosen Fälle. Alle sollen im Himmel dabei sein! „Gott wartet noch auf mich, wer weiß wie lang?“ heißt es in einem alten Lied. Wir wissen jedenfalls nicht wie lange. Wir sollten die Zeit nutzen. Wer jetzt bei Jesus „einsteigt“, ihm sein Leben anvertraut, wird mit ihm auch am Ziel ankommen. Doch es geht nicht nur um unsere eigene Rettung, sondern auch um die der andern. Denn Gott will nicht, dass jemand verloren wird.

In der kleinen Begebenheit, die Aloys Henhöfer als Bild gebrauchte, wäre es gut gewesen, wenn einer der bereits Eingestiegenen noch einmal kurz aus der Postkutsche ausgestiegen und dem verspäteten Mann entgegengelaufen wäre und ihm gesagt hätte: „Komm doch, es ist höchste Zeit!“ Wenn Gott die Rettung der Menschen so wichtig ist, dann muss sie auch uns sehr wichtig sein. Dann muss die Aufgabe des Weitersagens bei uns Christen Vorrang haben. 

Menschen darauf hinweisen: Gott hat noch Geduld. Kehr um. Triff den Entschluss: Ich will ihn nicht länger vergeblich warten lassen. Worauf warten wir noch? 

Autor/-in: Pfarrerin Bärbel Wilde