22.10.2015 / Wort zum Tag

Gedanken zur Tageslosung

Ich sah einen Engel fliegen mitten durch den Himmel, der hatte ein ewiges Evangelium zu verkündigen denen, die auf Erden wohnen, allen Nationen und Stämmen und Sprachen und Völkern.

Offenbarung 14,6

Siehe, die Völker sind geachtet wie ein Tropfen am Eimer und wie ein Sandkorn auf der Waage.

Jesaja 40,15

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Ein kleines Kind malt ein Bild. Jeder Quadratzentimeter Papier ist ausgefüllt. Stolz präsentiert es das Werk seinen Eltern. „Was ist denn das?“, fragen die. „Das ist Gott!“ „Was, Gott?“ „Klar“, gibt das Kind zurück, „aber es passt aufs Papier nicht alles drauf“.

Damit hat das Kind eine große Wahrheit gelassen ausgesprochen. So viel man malt, denkt und sinniert: Gott ist größer als alles, was in unserem Kopf Platz hat. Er passt nicht rein. Er passt nicht drauf. Was wir auch denken, reden und hören – es ist allemal zu wenig.

Es ist gut, wenn wir uns das immer wieder klar machen. Denn es hat sich in unseren Tagen eine Art Gewohnheitsatheismus breit gemacht. Gott wird nicht unbedingt bekämpft, aber er spielt in Familien und Firmen, in Vereinen und in der Politik so gut wie keine Rolle. Als wäre er abwesend, und als hätte er nichts zu sagen. Sollte man ihn malen wollen: Das Blatt wäre völlig leer.

So ähnlich haben das auch die Israeliten empfunden, die vor mehr als zweieinhalb Jahrtausenden in Babylon gefangen waren. Dass es Gott gibt, war ihnen zwar theoretisch klar. Aber sie haben Gott nichts Gutes zugetraut. Schließlich waren die Babylonier übermächtig. „Gegen diese Welt-macht haben wir keine Chance!“

Doch dann schickt Gott einen Propheten, der die düstere Lage aufhellt. „Ihr starrt auf die Militärmacht und fühlt euch komplett ausgeliefert. Aber denkt dran: ‚Die Völker sind in Gottes Augen geachtet wie ein winziger Tropfen’. Was so gewaltig und kraftstrotzend daherkommt, ist aus Gottes Perspektive nicht mehr als ‚ein Sandkorn auf der Waage’, winzig, kaum auszumachen. Lasst euch davon nicht einschüchtern! Ihr überschätzt die Babylonier, ihr unterschätzt Gott. Darin liegt euer Problem“.

Das bestätigt sich, wenn wir in den Lauf der Geschichte blicken. Wie viele Reiche sollten für alle Ewigkeit gebaut sein, das babylonische, das römische und nicht zuletzt auch das „Tausendjährige Reich“ im vergangenen Jahrhundert. Am Ende waren sie vor Gott nicht mehr als ein Sandkorn. Und ähnlich geht es mit den Mächtigen in Vergangenheit und Gegenwart zu, den Majestäten, Exzellenzen und anderen Großkopferten. Mit Glanz und Gloria der Macht kann es schnell vorüber sein.

Überschätzt den Menschen nicht! Sandkörner und Tropfen überall. Das begegnet uns auch im Kleinformat. „Du bist die Welt für mich“, trällert’s in Operette und Schlager. Der andere wird zum Ein und Alles erhoben. Das muss doch daneben gehen. Kein Wunder, dass manche Ehen als Bruchlandung enden, obwohl sie himmelhoch jauchzend gestartet wurden. Vieles scheitert an gegenseitiger Überschätzung.

Manche Eltern legen alle Erwartungen in ihre Kinder hinein. Die sollen’s mal besser haben, es weiter bringen. Was wird nicht alles eingesetzt, damit die Kinder später groß rauskommen. Doch manche Kinder sind glatt überfordert. Sie haben ein Recht auf ein eigenes Leben.

Tropfen am Eimer, Sandkörner auf der Waage. So steht’s um uns. Jede Selbstüberschätzung und jede Überschätzung anderer ist fehl am Platz. Umso mehr kommt es darauf an, dass wir uns an unseren Gott halten, ihn lieben und ehren, uns nach ihm richten. Da sind wir an der richtigen Adresse. Schließlich hat er sich in Jesus Christus zu uns herabgebeugt, ist klein und geradezu greifbar geworden. Im Bild gesprochen: Jetzt passt Gott aufs Papier, er passt in Ihr Leben und in mein Leben hinein. Dort gehört er hin. Lasst uns mit ihm rechnen und für ihn leben! 

Autor/-in: Präses i. R. Dr. Christoph Morgner