22.09.2015 / Wort zum Tag

Gedanken zur Tageslosung

Die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus!

Jesaja 58,7

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Wirklich reich sind nur wenige in dieser Stadt. Aber die in diesem Bezirk wohnen, sind arm. Richtig arm. Die Straßen verschlammt, die Plätze vermüllt, die Häuser verwittert und die Menschen verwahrlost. Wir laufen durch einen Außenbezirk von Nairobi, Kenia, Afrika. Und stehen plötzlich vor einer neu errichteten Schule. Und alles ist ein bisschen anders. Als hätten sich Mauern und Menschen extra herausgeputzt für uns.

Eine Schule, ein Hort, ein Heim, eine Heimat. Und die Kinder, die hier leben und lernen, tragen ein Lächeln im Gesicht. Wie ihr Lehrer, ihr Leiter. Mose Mwina heißt er. Er ist mächtig stolz auf das, was hier unter seinen Händen entstanden ist. Und er hat allen Grund dazu. Doch nein, „stolz“, dieses Wort würde er vielleicht nicht akzeptieren. „Ich habe keinen Grund, stolz zu sein auf mich!“ würde er wohl sagen. „Nur auf meinen Herrn. Auf Jesus. Der hat das alles hier ermöglicht. Der hat überhaupt erst ermöglicht, dass ich so etwas zustande bringe.“

Tatsächlich hätte ihm das ein paar Jahre zuvor niemand zugetraut. Wirklich nicht. Mose Mwina war ein kleiner Krimineller gewesen in Nairobi. Hatte sich über Wasser gehalten durch kleine Gaunereien. War immer mal wieder im Bau gelandet. Hatte dort dazu gelernt. War immer gerissener geworden. Und irgendwann kein kleiner Krimineller mehr gewesen, sondern ein großer. Über zehn Mal hat er gesessen.

Und im Gefängnis immer gleich schon das nächste Ding geplant. Das noch ein bisschen größere. Und das ganz und gar sichere. Nein, gefallen hatte ihm dieses Leben nicht. Ganz und gar unglücklich war er gewesen. Aber irgendwie musste er Geld verdienen. Um zu leben. Um zu überleben.

Irgendwann hat ihm jemand ein kleines Radio in die Zelle geschoben und er hat angefangen, christliche Sendungen zu hören. Hat von einem himmlischen Vater gehört, der ein Herz zu haben schien, für seine verlorenen Söhne und Töchter. Und der ein neues Leben im Angebot hatte. Totale Vergebung. Einen kompletten Neuanfang. Mose Mwina zögerte nicht lange und gab diesem himmlischen Vater sein Herz. Sein Leben.

Wieder draußen suchte er andere, die zu diesem himmlischen Vater gehörten. Brüder. Schwestern. Doch die waren ausgesprochen zurückhaltend, wenn sie erfuhren, wo ihr neues Familienmitglied die letzten Jahre seines Lebens zugebracht hatte. Manche waren geradezu erschrocken. Und gingen auf Abstand.

„Aber einer war anders!“ erzählt Mose Mwina. „Der hat mich immer wieder zu sich nach Hause eingeladen. Zum Essen. Und stellt euch vor: Der hat mir sogar sein Auto geliehen! Mir! Ausgerechnet mir. Autos hatte ich früher geknackt und geklaut …“

Dieser eine wurde so etwas wie der Vater von Mose Mwina. Und half so kräftig mit, dass aus dem verlorenen Sohn selbst allmählich ein Vater wurde. Ein Vater für andere verlorene Söhne und Töchter.

Mit ein paar Kindern hat er begonnen. In einer kleinen Behausung. Nun war eine stattliche Schule gewachsen. Und viele, viele kleine und große Kinder hatten hier schon den freundlichen himmlischen Vater kennen gelernt. Und seinen freundlichen irdischen Stellvertreter. Und waren vielleicht längst selbst Väter. Und Mütter.

„Die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus!“ Das hatte dieser himmlische Vater einst von seinem alten Volk Israel gefordert. Er hatte das fordern können, weil er stets selbst mit gutem Beispiel voran gegangen war. Die Menschen damals hatten sich so wenig an diese Forderung gehalten wie die Menschen heute. Unfromme und – Gott sei es geklagt – häufig genug auch Fromme. Aber damals wie heute gab und gibt es Ausnahmen. Und die verändern die Welt. Sind Licht und Liebe und Leben für Vaterlose. Sind Hoffnungsträger.

Autor/-in: Jürgen Werth