30.09.2022 / Serviceartikel

Geben in der Krise

Viele Christen spenden regelmäßig einen Teil ihres Einkommens. Sollte man das auch tun, wenn man selbst finanziell knapp bemessen ist?

Viele Christen spenden regelmäßig etwas von ihrem Einkommen. Sie stellen damit einen Teil dessen, was Gott ihnen gibt, ihm wieder zur Verfügung und bringen zum Ausdruck, dass sie ihm auch in finanzieller Hinsicht vertrauen. Manche orientieren sich dabei an einer Anweisung Gottes, die aus dem Alten Testament stammt und geben zehn Prozent ihres Gehaltes (vgl. z. B. Maleachi 3,10).

Andere richten sich nicht fix nach diesem Betrag sondern geben so viel, wie es ihnen auf dem Herzen liegt. Wie sieht es nun aber aus, wenn man in eine finanzielle Krise gerät: Sollte man zum Beispiel den Zehnten weiter geben, selbst wenn man nicht mehr alle Rechnungen pünktlich bezahlen kann? Christiane Kirchhöfer schreibt, was sie in einer solchen Situation raten würde.

Verantwortung gegenüber Gott und anderen Menschen

Ich persönlich glaube nicht, dass Gott möchte, dass jemand durch ein Festhalten an der Zehn-Prozent- Regelung immer tiefer in eine Notsituation hinein gerät. In einer finanziellen Krise erwartet er meiner Meinung nach zuerst, dass offene Rechnungen beglichen werden, damit andere Menschen nicht auf Geld warten müssen, das ihnen zusteht.

Gott möchte, dass wir unser Leben immer wieder überdenken, dass wir hinterfragen, ob das, was wir tun, richtig und gut ist und letztlich Gottes Willen entspricht. Manchmal bedeutet das auch, den eigenen Lebensstil auf den Prüfstand zu stellen und zu überlegen: Was brauchen wir wirklich? Welche Ausgaben sind für unser Leben notwendig und unerlässlich? Wenn das getan ist, ist es vielleicht möglich, noch einmal neu über die Abgabe des Zehnten oder über die Spende eines anderen Geldbetrages nachzudenken.

Zu viel gegeben?

Abgesehen davon sind in diesem Zusammenhang besonders die Aussagen des Apostel Paulus in seinem zweiten Brief an die Korinther hilfreich (2.Korinther 8-9). Er erinnert die Christen in Korinth daran, die zuvor bereits angekündigte Spende jetzt auch wirklich einzusammeln. Das Geld sollte notleidenden Gemeindemitgliedern in Jerusalem zugute kommen. Als Vorbild im Geben nennt Paulus dabei die Gemeinden aus Mazedonien. Sie waren selbst verhältnismäßig arm und hatten trotzdem gerne und freiwillig mehr gegeben, als sie eigentlich konnten.
 

Vor diesem Hintergrund gibt Paulus den Korinthern dennoch folgenden Rat:

„Bringt dieses Unternehmen nun auch zum Abschluss; sorgt dafür, dass die Durchführung nicht hinter der ursprünglichen Bereitwilligkeit zurückbleibt. Gebt entsprechend dem, was ihr habt! Denn eine bereitwillig gegebene Gabe ist Gott willkommen, und ihr Wert bemisst sich nach dem, was der Geber besitzt, nicht nach dem, was er nicht besitzt. Schließlich soll es nicht dahin kommen, dass ihr anderen aus ihrer Not helft und dadurch selbst in Not geratet. Es geht vielmehr darum, einen Ausgleich zu schaffen. Zum jetzigen Zeitpunkt hilft euer Überfluss ihrem Mangel ab, damit dann ein anderes Mal ihr Überfluss eurem Mangel abhilft, und auf diese Weise kommt es zu einem Ausgleich. Es heißt ja in der Schrift: ‚Wer viel gesammelt hatte, hatte nicht zu viel, und wer wenig gesammelt hatte, hatte nicht zu wenig.'“ (2.Korinther 8,11-15).

Wer anderen gibt, soll dabei nicht selbst finanziell ruiniert werden. Paulus betont, dass es Gott letztlich auf die Herzenshaltung ankommt und er die finanzielle Ausgangssituation des Spenders sehr wohl kennt und berücksichtigt. Das Verhalten der Mazedonier ist dabei vorbildhaft, aber kein Muss für die anderen Gemeinden. Jeder soll so viel geben, wie er es zum gegebenen Zeitpunkt kann und mit gutem Gewissen vermag (2. Korinther 9,7).

Wer anderen gibt, soll dabei nicht selbst finanziell ruiniert werden.  Christiane Kirchhöfer

Alternativen und Hilfe

Vielleicht ist in der Zeit, in der die Unterstützung einer Gemeinde oder einer Organisation in finanzieller Form nicht möglich ist, eine andere Form des Gebens möglich. Eine Alternative wäre es, etwas von der eigenen Zeit Gott zur Verfügung stellen oder seine Begabungen einzusetzen, um andern zu helfen.

Ursprünglich wurde der Zehnte übrigens meistens auch nicht in Geld gegeben, sondern in Form von Naturalien und Lebensmitteln (3. Mose 27,30-33; 5. Mose 14,22-27). Geld zu geben ist eine Form der Dankbarkeit, die wir Gott gegenüber zeigen. Das kann aber auch geschehen, wenn wir Zeit mit anderen teilen. Den Zehnten in dieser Form zu geben, kann für die eine angespannte finanzielle Situation den Druck nehmen.

Demjenigen, der merkt, dass er mit seinen Finanzen nicht mehr klar kommt, möchte ich darüber hinaus die Schuldnerberatung empfehlen. Sie wird auch durch kirchliche Einrichtungen (z.B. durch die Diakonie) angeboten. Im ersten Moment empfindet man es sicherlich als unangenehm, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen. Aber es scheint mir sinnvoll, sich dort über Möglichkeiten zum Schuldenabbau beraten zu lassen, ehe man noch tiefer in eine Krise gerät.

Gott nimmt nie etwas, ohne auch zu geben

Mit dem Bericht von S. HW. möchte ich abschließend noch Mut machen, Gott auch in Geldangelegenheiten zu vertrauen – unabhängig davon, wie viel man geben kann:

„Ich selbst bin Frührentnerin und habe eine kleine Rente. Ich gestehe ehrlich, ich gebe nicht den Zehnten. Dafür arbeite ich in der Kirche mit und bin für andere da, die Hilfe in der Seelsorge brauchen usw. Und doch, manchmal spüre ich, wie Gott mich auffordert, ihm etwas von meiner Rente zu geben.

So wie kurz vor Weihnachten. Ich merkte, dass ich ihm meine fünf Euro geben sollte, die ich zur Verfügung hatte. Früher legte ich Gott mein Wenn und Aber vor, wenn solche Impulse kamen. Doch langsam habe ich gelernt: Er nimmt nie etwas, ohne auch zu geben! So geschah es auch an dem Sonntag. Er bekam meine fünf Euro, ohne Wenn und Aber.

Was geschah? Als ich aus der Kirche kam, schenkte mir eine Frau Plätzchen. Am nächsten Tag bekam ich zwei frische Salate geschenkt. Und an Weihnachten bekam ich von einer Freundin sage und schreibe zehn Euro geschenkt! Ist das nicht toll?

Solche Erfahrungen darf ich immer wieder machen. Ich glaube, Gott kommt es nur auf die Herzenshaltung an, wenn ich gebe. Ich möchte mit diesem Erlebnis Menschen Mut machen, nicht verzweifelt zu sein, wenn sie Gott nicht den Zehnten geben können. Er nimmt meiner Meinung nach auch gerne andere Dinge an. Doch wenn der Impuls kommt, ihm evtl. auch das Letzte zu geben, dann gilt: Er nimmt es nie, gar nie, umsonst. Er ist unser Vater, der seine Kinder versorgt. Es lohnt sich ihm zu vertrauen!"

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