17.07.2024 / Anstoß - Gedanken zum Tag

Extrawurst

Aber Nebukadnezar, der König von Babel, hatte Nebusaradan, dem Obersten der Leibwache, Befehl gegeben wegen Jeremia und gesagt: Nimm ihn und lass ihn dir befohlen sein und tu ihm kein Leid, sondern wie er’s von dir begehrt, so mach’s mit ihm. Da sandten hin Nebusaradan, der Oberste der Leibwache, und Nebuschasban, der Oberkämmerer, Nergal-Sarezer, der Oberhofmeister, und alle Obersten des Königs von Babel[...]

Jeremia 39,11-14

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Wir schreiben das Jahr 587 vor Christus. Es ist Sommer. Israel ist von den Babyloniern besetzt, die Hauptstadt Jerusalem ist nach eineinhalb Jahren Belagerung gefallen. Nach vier Wochen rücken Nebukadnezars Truppen in die Stadt ein, plündern und zerstören den Tempel, schleifen die Stadtmauer und verhaften den traurigen Rest der Oberschicht. Vielen droht der Tod, die meisten werden nach Babylon deportiert. Nur für einen bessert sich die Lage: Der Prophet Jeremia hat die letzten Monate als Gefangener im Wachhof des Palastes verbracht. Auf Geheiß des babylonischen Großkönigs wird Jeremia befreit und gut behandelt – die Babylonier sehen keinen Grund, den Propheten länger festzuhalten.

Glück im Unglück, könnte man meinen. Eine Extrawurst für den unbequemen Mahner und Warner. Aber Jeremia empfindet keine Genugtuung. Er teilt das Schicksal der im Land verbliebenen Menschen. Er weiß: Die Heimkehr der Deportierten und den Wiederaufbau wird er nicht mehr erleben. Aber immerhin wird es eine Heimkehr und einen Wiederaufbau geben. Gott ist mit seinem auserwählten Volk noch nicht fertig. – Mehr als 40 Jahre lang hat Jeremia gewirkt, vier Könige Judas hat er überlebt. Er hatte im Auftrag Gottes zwar viel Gericht anzusagen, aber auch jede Menge Heil zu verkünden.

Jeremia ist Geschichte. Aber die Erfüllung eines guten Teils der Verheißungen, die Jeremia im Namen Gottes verkündet hat, steht noch aus. Dauerhafter Frieden im Land der Bibel zum Beispiel lässt noch auf sich warten – aber Gott hat alle Zeit der Welt, und die Zeit, die er sich lässt, die lässt er uns.    

Autor/-in: Markus Baum