25.04.2022 / Wort zum Tag

Es wird regiert

Es freue sich der Himmel, und die Erde sei fröhlich, und man sage unter den Völkern, dass der HERR regiert!

1. Chronik 16,31

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Die Geschichte ist legendär: In der Nacht vor seinem Tod sagte der Schweizer Theologe Karl Barth zu seinem Freund Eduard Thurneysen am Telefon: „Ja, die Welt ist dunkel. .... Nur ja die Ohren nicht hängen lassen! Nie! Denn es wird regiert, nicht nur in Moskau oder in Washington oder in Peking, sondern … hier auf Erden, aber ganz von oben, vom Himmel her!“

1968 ist das. Lange her. Aber aktuell wie nie.

Denn viele Machthaber dieser Welt, vor allem die autokratischen, also die, die von keinem Volk jemals wirklich legitimiert worden sind, gebärden sich immer selbstherrlicher und rücksichtsloser. Sie haben scheinbar alles in der Hand, können bestimmen über Leben und Tod, über Krieg und Frieden, über Wohl und Wehe. Sie fördern die, die sich ihnen bedingungslos ergeben, und verhaften, foltern und ermorden die, die sich ihnen in den Weg stellen. Sie verschieben Grenzen nach ihrem eigenen egozentrischen Gutdünken - nein, nicht Gutdünken, eher Schlechtdünken. Sie unterjochen Völker und Länder und löschen sie vielleicht sogar aus. Menschliche Machthaber, die weder Tod noch Teufel fürchten. Und schon gar keinen Gott. Wer niemanden neben sich duldet, duldet erst recht niemanden über sich.

Und wir? Wir fürchten uns. Fürchten uns vor ihrer Macht. Ihrer Willkür. Ihren Launen. Wir erleben und erleiden, wie ihnen unsere liberalen, demokratisch gewählten Regierungen kaum etwas Gleichwertiges entgegensetzen können. Weil Demokratie ein langwieriger und aufreibender und schweißtreibender Prozess ist, in den möglichst viele eingebunden werden müssen.

Es wird regiert? Ja. In Moskau! Peking! Ankara und Pjöngjang! Und wir alle haben auszubaden, was dort entscheiden wird.

Nein, sagt Karl Barth. Es wird von ganz oben her regiert. Vom Himmel her.

Wirklich?

Ja, sagt die Bibel. Ihr könnt aufatmen, eure Häupter erheben: „Es freue sich der Himmel, und die Erde sei fröhlich, und man sage unter den Völkern, dass der Herr regiert.“ Das ist das Losungswort der Herrnhuter Brüdergemeine aus dem 1. Buch der Chronik, Kapitel 16, Vers 31.

Der Herr regiert. Der Schöpfer des Himmels und der Erde. Der Vater unseres Herrn Jesus Christus.

Und woran merkt man das?

Zugegeben, oft genug ist dieses himmlische Regiment alles andere als augenscheinlich. Und viele zweifeln und verzweifeln daran. „Warum schlägt Gott nicht zuweilen mit Eisenbahnschienen rein?“ hat der Essener Jugendpfarrer Wilhelm Busch einmal provozierend gefragt. Er tut’s nicht. Wenigstens nicht oft. Warum? Ich weiß es nicht. Aber es hat wohl etwas damit zu tun, dass Gott seine Menschen manchmal sich selbst überlässt. Sie laufen lässt auf den Wegen, für die sie sich selbstbewusst entschieden haben, sie die Folgen davon auskosten lässt, dass sie nicht zuerst nach ihm, nach seinem Willen gefragt haben. So ist die Weltgeschichte manchmal auch ein Stück Weltgericht. Aber es hat wohl auch mit Gottes Geduld zu tun. Er wartet geduldig, dass seine Menschen umkehren zu ihm und seiner Liebe und seinen Werten für die Welt und das Leben. Die Kleinen und, ja, auch die Großen, die Mächtigen, die Machthaber.

Was bleibt uns? Oft genug nicht mehr als das: Warten, vertrauen, hoffen, beten. Etwa so, wie Jesus das im Vaterunser formuliert: „Dein Reich komme.“ Und es komme bitte sichtbar. „Dein Wille geschehe.“ Und er geschehe bitte erkennbar. Wir wissen es ja, wenn wir die Geschichte anschauen: Die Reiche dieser Welt vergehen. Und Gewaltherrscher müssen winselnd abtreten. Nur „sein“, nur Gottes, ist das Reich, die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Autor/-in: Jürgen Werth