19.11.2020 / Kommentar
Einheit ist Chefsache – auch in Corona-Zeiten!
Kommentar zu Streit in christlichen Gemeinden um die Corona-Krise.
Der Audio-Beitrag zum Thema mit Oliver Jeske.
Menschen reden nicht mehr miteinander. Es herrscht eine aggressive Stimmung. Zwei Parteien werfen sich gegenseitig Verblendung, Realitätsverlust oder mangelnde Sensibilität vor. Nein, ich rede nicht von den Protesten der sogenannten Corona-Leugner am zurückliegenden Mittwoch in Berlin. Obwohl all das auch auf sie zutrifft.
Ich rede von einer vergifteten Atmosphäre unter Christen – mitten in den Gemeinden. Gute verheißungsvolle Projekte, ja sogar Freundschaften scheitern, weil man dem anderen Verantwortungslosigkeit in der Pandemie-Krise vorwirft – in der einen wie in der anderen Richtung: Der eine bleibt am liebsten zu Hause und setzt ganz auf den Sonntagsgottesdienst per Video-Livestream. Der andere kostet die Freiheiten, die unser Grundgesetz den religiösen Gemeinschaften zubilligt, bis auf den letzten Millimeter aus und quetsch sich buchstäblich auf den letzten freien Platz in der Veranstaltung.
Beide kommen nicht mehr zusammen – innerlich! Und das ist vielleicht sogar das viel größere Dilemma als die Pandemie an sich. Was wir brauchen, egal ob Christ oder nicht, bezeichnet die Psychologie als Resilienz. Wir brauchen die Fähigkeit, in der Krise standzuhalten, gute Lebensregeln nicht über Bord zu werfen.
„Überwindung“ ist gefordert
Eigentlich sollten Christen dafür gute Voraussetzungen haben. Die Bibel fordert die Nachfolger von Jesus Christus mehrfach dazu heraus, schwierige Situationen zu „überwinden“. Nicht aus eigener Kraft, sondern in der Gewissheit, dass es da den Gott gibt, der uns hilft, den anderen, so wie er ist, anzunehmen.
Einheit in der Christenheit ist ein brüchiges Gut. Das gilt, so lange es Christen überhaupt gibt. Corona ist aktuell eine neue Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Dabei sollte klar sein: Der Feind ist nicht der, der zwei Sitze weiter im Kirchenraum sitzt oder per Videokonferenz teilnimmt. Der Feind ist das Virus selbst. Schaffen wir es, den anderen mit seinen Folgerungen aus der Krise zu akzeptieren? Schaffen wir es, die Haltung zu den Hygiene- und Abstandsregeln nicht zur Glaubensfrage zu erheben?
Vorbild werden
Einheit unter Christen ist wichtig. Sie ist Chefsache. Jesus Christus hat selbst zu seinen Zeiten darum im Gebet gerungen. Einheit heißt aber nicht, dass der andere so werden muss wie ich. Gott hat uns unterschiedlich geschaffen. Und daraus entspringt auch ein unterschiedlicher Umgang mit Herausforderungen und Krisen, wie wir sie jetzt gerade erleben. Wir kommen nicht darum herum, den anderen so anzunehmen, wie er ist. Als Christen haben wir die Ressourcen dazu – und können im besten Fall ein Vorbild werden, wie wir die Corona-Krise auch zwischenmenschlich bewältigen können – nämlich gemeinsam und rücksichtsvoll!
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