17.10.2019 / Wort zum Tag

Einfach ... oder zu einfach?

Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch! Das ist das Gesetz und die Propheten.

Matthäus 7,12

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Nun sage noch einer, die Bibel wäre kompliziert zu verstehen. Klar, es gibt Sätze aus dem Alten Testament, die machen Mühe, die Absicht Gottes zu verstehen. Da brauche ich Erfahrungen mit der Bibel oder Hilfe durch gute Auslegungen. Aber was heute  im Losungsbuch steht, das muss man nicht erklären: Matthäusevangelium, Kapitel 7, Vers 12: „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten.“

Dieser Satz aus der Bergpredigt Jesu ist eindeutig. Ich soll meine Erwartungen an andere mit meinem Verhalten und meinen Aktivitäten für sie abstimmen. Ist das einfach – oder zu einfach? Wenn ich dem anderen immer die Vorfahrt lasse, komme ich dann überhaupt an mein Ziel? Wenn ich allen zum Geburtstag schreibe, von denen ich gern eine Karte hätte, wer soll das bei den neuen Portopreisen durchhalten? Wenn ich alle im Krankenhaus besuchen wollte, die ich kenne, da komme ich doch zu überhaupt nix mehr. Wenn ich ... wenn ich!

Mit solchen Gedankenspielen verrate ich mich selbst. Denn das heißt doch, dass ich die plausible Praxis des Miteinanders so eigentlich nicht will. Aber Jesus hat solche Sätze nicht zum Problematisieren gesagt, sondern zum Probieren. Übrigens heißt es nicht: „Wie du mir, so ich dir“, die gängige Praxis der kleinen Rache bzw. der berechnenden Dankbarkeit. Eine moderne Übersetzung schreibt den Satz Jesu so: „Mach den ersten Schritt! Behandle jeden so, wie du auch behandelt werden möchtest.“ Genial, oder? 

Und dann kommt dieser Nachsatz, der den großartigen Zusammenhang in Bezug auf Gott ausdrückt: „Wenn ihr euch so verhaltet, dann erfüllt ihr das, was im Buch des Gesetzes Gottes festgelegt ist und was die Propheten immer in Erinnerung gerufen haben.“ Es ist also eine kurze Zusammenfassung all dessen, was Gott zu uns Menschen über das Zusammenleben und über die gegenseitige Wertschätzung gesagt hat. Damit werden sogar manche erst unverständlichen Sätze des Alten Testamentes klarer und verständlich.

Und was wäre in unserer Welt nicht alles leichter, wenn diese Grundregel des Zusammenlebens eingehalten würde? Ach was sage ich: „Wäre und würde?“ Die Weltpolitik und der alltägliche Kleinkrieg im Betrieb, im Treppenhaus und Seniorenheim werden sich nicht danach richten. Zu sehr ist unsere Gesellschaft von Egoismus und Rücksichtslosigkeit geprägt. Doch ich meine, die Kinder Gottes haben die Aufgabe, in ihrer Umgebung und ihrem Verantwortungsbereich diese einfache Lebensregel zu praktizieren. Das könnte anstecken: „Was ihr von anderen erwartet, fangt selbst damit an.“

Autor/-in: Albrecht Kaul