07.08.2023 / Wort zum Tag

Einerseits, andererseits

Josef blieb im Gefängnis, aber der HERR war mit ihm.

1. Mose 39,20.21

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„Aber ich bin doch unschuldig! Und trotzdem sitze ich hier im Knast!“

Wie oft mag Josef das geseufzt oder auch geschrien haben, damals im alten Ägypten hinter dunklen Gefängnismauern.

Die Geschichte ist schon tragisch: Da landet ein junger Mann aus gutem Hause im Gefängnis, der als Sklave ins Ausland kam, dazu noch fälschlicherweise angeklagt  – und dies war vor 3900 Jahren ganz sicher auch nicht kuschelig!

Dieser Mann hätte also allen Grund gehabt zu verzweifeln, an Gott und der Welt, an sich selbst: Was habe ich denn falsch gemacht? Hätte ich anders handeln sollen? Aber nein, das hätte doch nicht zu mir und meinem Glauben gepasst...

Dieses Erleben durchleiden weltweit ja viele Christen, die wegen ihres Glaubens verfolgt, eingesperrt oder gar getötet werden. Weltweit ist das Christentum die Religion, für dessen Praktizieren immer noch die meisten Menschen verfolgt oder gar getötet werden.

Und im kleineren Maß kenne ich das auch: Dieses Gefühl – mir ist Unrecht getan worden – ich gehöre eigentlich nicht in diese Situation, in der ich mich jetzt befinde – unfreiwillig bin ich hier, unwillig musss ich hier leiden...

Solche Gefängnisse gibt es auch im übertragenen Sinne: Abgeschoben im Betrieb, gemobbt in der Schule, verleumdet in der Familie...

Oh ja, da bin ich auch versucht, mich zu wehren, das alles richtig zu stellen, mich zu verteidigen – und frustriert erlebe ich dann: Nutzt alles nichts! Vielleicht wird es nur noch schlimmer!

Und nun habe ich mehrere Möglichkeiten zu reagieren:

Ich zahle es dem anderen mit gleicher Münze heim!

Komisch – wieso fällt mir das als allererstes ein?

Oder aber: Manche ziehen sich zurück in die Depression. Damit schließen sie sich allerdings zusätzlich auch noch selbst in ein inneres Gefängnis und werfen den Schlüssel weg.

Oder aber ich mache es so wie der junge Josef aus der Bibel, von dem ich im ersten Buch Mose lese: „Josef blieb im Gefängnis, aber der Herr war mit ihm!“ Wie das übrigens ausschaute, steht nach diesem Vers: Gott neigte alle Herzen diesem jungen Mann zu und ließ ihn Gnade finden beim Leiter des Gefängnisses.

Josef wurde also weder aggressiv oder versuchte auszubrechen, noch rutsche er ins Selbstmitleid hinein, sondern er richtete seinen Blick auf seinen Gott und Herrn.

Woher ich das weiß? Aus dem Rest seiner Geschichte – lesen Sie mal nach im 1. Buch Mose, Kapitel 39 – es ist echt spannend!

„Er blieb im Gefängnis“ steht hier. Und vielleicht hat er gedacht: Mal schauen, was Gott hier mit mir vorhat …

Und diese Offenheit ermöglichte dann Gott, ihn zu gebrauchen zum Segen für andere. Und dies, obwohl er doch unschuldig war! Aber das war kein Thema mehr – er wusste es und Gott wusste es – das genügte! Und vor allem Josef wusste: Gott ist bei mir gerade auch jetzt!

Dieses: „Aber der Herr war mit ihm!“ – machte den Unterschied bei Josef.

 Und der Gott, der mit Josef war, ist immer noch derselbe – auch über Ihrem Leben kann stehen: Sie sind in irgendeiner Weise in Gefangenschaft, verfolgt, gemobbt, verleumdet - unschuldig vielleicht.

Aber setzen Sie doch Ihre Hoffnung auf diesen Gott, denn der steht zu Ihnen, verlässt Sie nicht! Auch mitten in der dunklen Nacht, wo keine Hoffnung ist, ist er da - auch heute.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie das erleben!

Autor/-in: Pfarrer Ulrich Nellen