01.09.2023 / Wort zum Tag

Einem guten Maßstab folgen

Haltet euch nicht selbst für klug.

Römer 12,16

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An welchen Maßstäben orientieren sich Christinnen und Christen? Wie gestaltet sich das Leben derer, die zu Jesus Christus gehören? Zu dieser immer neu aktuellen Frage nimmt der Apostel Paulus gegenüber der christlichen Gemeinde in Rom Stellung. Er tut dies unter der großen Überschrift „Gottesdienst“. Das ganze Leben der Christinnen und Christen ist für Paulus Gottesdienst, 7 Tage, 24 Stunden. Das ganze Leben, alle Bereiche des Lebens! Nicht nur die gottesdienstliche Zusammenkunft der Gemeinde am Sonntagmorgen.

Die Christen Roms lebten ihren Glauben in einer weithin heidnischen Welt. Heidnisch hieß jedoch nicht religionslos. Ganz im Gegenteil. Ein guter Römer nahm am Staatskult teil. Doch die Gestaltung des alltäglichen Lebens als Gottesdienst zu verstehen, wäre den Heiden Roms nicht in den Sinn gekommen.

An welchen Maßstäben orientieren sich Christinnen und Christen? Wie gestaltet sich das Leben derer, die zu Jesus Christus gehören? Die Fragen stellen sich heute genauso dringend wie vor 2000 Jahren. Und die Antwort des Apostels ist noch genauso aktuell wie vor 2000 Jahren. Paulus trägt im 12. Kapitel seines Briefs an die Römer mehrere Aspekte zusammen. Einer lautet: Haltet euch nicht selbst für klug.“ (V16)

Der Apostel nimmt das Miteinander in der Gemeinde in den Blick. Er spricht nicht über kluges Verhalten gegenüber den heidnischen Römern. Nein, er ist überzeugt: Das Verhalten der Christen untereinander redet lauter und klarer, als viele Worte dies tun können. Paulus hält die Atmosphäre in der römischen Gemeinde für das entscheidende missionarische Zeugnis an die heidnischen Römer. Er benennt, was eine Gemeinde attraktiv und das Zusammenleben in der Gemeinde schön macht. Wenn sich manche in einer Gemeinde für klug und klüger als die anderen halten, ist das Gegenteil der Fall.

„Haltet euch nicht selbst für klug.“ – „Baut nicht auf eure eigene Klugheit,“ übersetzt die Basisbibel. Seid nicht besserwisserisch. Bildet euch nichts ein auf eure Bildung, euer Wissen, eure Erfahrung. Versteht euch als Lernende und als „Lerngemeinschaft“. Und verhaltet euch entsprechend. Wer seine Klugheit herausstellt, stört das Miteinander. Und wenn das viele tun, dann kann kein gedeihliches Miteinander entstehen.

Ich brauche keine Beispiele für ein gegenteiliges Verhalten zu nennen. Neunmalkluge und Besserwisser sind in vielen Gemeinden zu finden. Und ein jedes weiß, wie dadurch gutes Miteinander blockiert wird. Wie schön und im besten Sinn erbaulich ist es hingegen, wenn Menschen neugierig sind und interessiert, miteinander Entdeckungen zu machen. Wie schön und in bestem Sinn gemeindebauend ist es, wenn alle in einer Gemeinde ihre Erfahrungen, Gaben und Kenntnisse zum Wohle aller einbringen.

Klugheit ist nicht an sich schlecht. Jesus nennt die klug, die sich an Gottes Wort halten. Das Wort für heute aber warnt davor, die eigene Klugheit zu überschätzen. Gleich auf den ersten Seiten sagt die Bibel warnend, dass die Schlange Adam und Eva versprach, der Biss von der Frucht des verbotenen Baumes mache klug. Sie erlagen diesem Versprechen. Mehr als die Klugheit aber schätzt die Bibel die Weisheit, die ihren Anfang und letztlich ihr Ziel in der Erkenntnis Gottes hat.

Darum: Haltet euch nicht selbst für klug. Haltet euch an Gottes Wort. Seid weise. Bedenkt: das ist euer Gottesdienst heute.

Autor/-in: Dekan Harald Klingler