26.02.2019 / Wort zum Tag

Eine andere Haltung

Wie ein Einheimischer soll euch der Fremde gelten, der bei euch lebt.

3. Mose 19,34

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„Ausländer raus, Ausländer raus!“ – In Großbritannien haben diese Rufe zugenommen, seit eine knappe Mehrheit sich für den Austritt aus der EU ausgesprochen hat, ohne dass klar ist, wie der sogenannte Brexit aber konkret geschehen soll. Unsere Tochter, die mit ihrer Familie in Leeds lebt, beobachtet das mit Sorge. In Deutschland haben wir uns an diese Parolen fast schon gewöhnt – ein großer Teil der Bevölkerung hat zumindest Verständnis für die Angst vor Überfremdung oder den Verlust von Heimatgefühl und vertrauter Kultur oder den weiteren Verfall traditioneller Werte.

Wie viel Zuwanderung verkraftet eine Gesellschaft? Wie kann verhindert werden, dass die Hilfsbereitschaft eines Landes skrupellos ausgenutzt wird? Was muss geschehen, damit Integration gelingt und nicht scheitert?

Unsere Politiker haben wahrlich eine schwere Aufgabe zu lösen und tragen viel Verantwortung – und sie brauchen unsere Fürbitte!

„Wie ein Einheimischer soll euch der Fremde gelten, der bei euch lebt.“

Moment – wie war das?

„Wie ein Einheimischer soll euch der Fremde gelten, der bei euch lebt.“

Ja, was ist denn das für eine Forderung? Wer sagt das?

Gott sagt das. Dieser Satz ist das Losungswort für diesen Tag und steht im 3. Buch Mose Kapitel 19 Vers 34.

Gott, der Herr, beauftragt Mose, den Führer Israels, dem Volk Anweisungen für das Zusammenleben zu geben in dem Land, das er ihnen geben würde. Gott hatte sich das Volk der Juden ausgewählt, um mit ihnen einen Bund zu schließen. An Israel sollte sichtbar und erkennbar sein, wie es ist, wenn Gott ein Volk segnet und wenn dieses Volk ihm vertraut und ihm gehorcht. Unter der Überschrift „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig!“ (3. Mose 19, 2) fordert Gott von Israel einen Lebensstil, der ihn ehrt. Und neben vielen anderen Themen fordert Gott auch eine bestimmte Haltung den Fremden gegenüber – und jetzt lese ich den Vers im Zusammenhang:

„Und wenn ein Fremder bei dir lebt in eurem Land, sollt ihr ihn nicht bedrängen. Wie ein Einheimischer soll euch der Fremde gelten, der bei euch lebt. Und du sollst ihn lieben wie dich selbst, denn ihr seid selbst Fremde gewesen im Land Ägypten. Ich bin der HERR, euer Gott.“ (3.Mose 19, 33 + 34)

Gott musste wohl schon gewusst haben, wie schnell sein Volk vergessen würde, dass sie selbst viele Jahre in der Fremde gelebt hatten. Je länger je mehr waren sie unterdrückt  und ausgebeutet worden. Gott hatte sie aber herausgerettet. Nun waren sie unterwegs durch die Wüste nach Kanaan. Gott würde ihnen Heimat und Land und Raum zum Leben geben. Aber er erwartete, dass sie im verheißenen Land mit Fremden anders umgingen als ihre Unterdrücker mit ihnen. Gottes Volk sollte sich gottgemäß verhalten:

„Wie ein Einheimischer soll euch der Fremde gelten, der bei euch lebt.“

Was heißt das für uns? Ich denke, diese Aufforderung des Wortes Gottes ersetzt keine weise und verantwortungsbewusste Einwanderungspolitik. Aber sie bringt auf den Punkt, was sich unser Sohn in Spanien und unsere Tochter in Großbritannien und Reza und Mahboubeh bei uns hier in Deutschland wünschen: Dass sie nicht ausgegrenzt und benachteiligt werden. Dass man sie beteiligt am Leben und sie nicht ausschließt. Dass man ihnen hilft, all das für sie Neue zu verstehen. Dass man sie schützt, wo sie noch schwach sind, und ihre Stärken anerkennt. Dass man Geduld hat bei dem, was man von ihnen fordert. Und dass man großzügig ist bei dem, was sie fördert. Und dass man vertraut: Mit anderen zu teilen, macht uns reicher, nicht ärmer!

Autor/-in: Pastor Volkmar Glöckner