22.03.2018 / Wort zum Tag

Ein offenes Ohr

Gott der HERR hat mir das Ohr geöffnet. Und ich bin nicht ungehorsam und weiche nicht zurück.

Jesaja 50,5

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Es war mein zweites Ausbildungsjahr im Rathaus. Ich war ziemlich überzeugt von mir. Als der Ausbilder mir etwas erklären wollte, meinte ich selbstbewusst: „Da kenne ich mich schon aus.“ Ich setzte mich an den Schreibtisch und schrieb die Bescheide. Als ich fertig war, übergab ich sie dem Abteilungsleiter. Eine halbe Stunde später kam seine Sekretärin mit hochrotem Kopf in mein Zimmer. Sie war eine gute Freundin meiner Tante. „Lothar, nun sage ich dir etwas. Und ich möchte, dass du das in deinem Leben nie mehr vergisst. Sag bitte nie mehr: Ich kenne mich aus, wenn du keine Ahnung hast.“

In der Tat. Ich habe diese Begegnung nie mehr vergessen. Es ist nicht angenehm, sich von anderen belehren zu lassen. Es fällt nicht leicht, sich etwas sagen lassen zu müssen. Es ist viel angenehmer, wenn man denkt: Ich weiß Bescheid.

Aber in Wahrheit ist es viel besser, wenn ich zuhöre, wenn ich wirklich lernbereit bin. Ich lerne nicht nur mehr, es ist auch für die Beziehung zu meinen Mitmenschen besser, wenn sie merken, ich nehme sie ernst. Was sie mir sagen wollen, findet wirklich mein Interesse und dringt bis zu mir durch.

Das gilt auch für meine Beziehung zu Gott. Auch hier gibt es die Gefahr, dass er sich uns mitteilen möchte in seinem Wort, der Bibel oder auch in einer Predigt. Ich denke dann: Das weiß ich doch schon. Das habe ich doch schon einmal gehört. Ich höre zu, aber ich bin nicht aufmerksam. Und manchmal verzichte ich ganz auf das Gespräch mit ihm. Ich bete nicht oder nur ganz kurz, lass die Bibel verstauben, statt sie zu lesen. Schade, denn dann höre ich nicht, was er mir sagen will. Das, was ihm wichtig ist, dringt nicht zu mir durch. Meine Beziehung zu ihm wird getrübt.

Ganz anders der Prophet Jesaja. Er erzählt, dass Gott ihm die Ohren geöffnet hat. Er sagt: Gott der HERR hat mir das Ohr geöffnet. Und ich bin nicht ungehorsam und weiche nicht zurück (Jesaja 50,5). Er hört wirklich, was Gott ihm sagen möchte. Er ist aufmerksam. Er ist hellwach, um zu hören. Und er will nicht nur hören, er will auch tun, was Gott ihm sagt.

Wir haben in unserem Wohnzimmer eine Couch stehen. Morgens setze ich mich einige Zeit darauf. Lese einen Bibeltext oder ein geistliches Buch. Fange an, darüber mit Gott ins Gespräch zu kommen. Dann schweige ich und bleibe noch einige Zeit sitzen. Ich möchte, dass das, was ich gelesen habe, sich in mir einwurzeln und mich prägen kann. Ich möchte ein Jünger sein. Einer der wirklich hört, was Gott ihm sagen will.

Autor/-in: Lothar Eisele