15.05.2018 / Wort zum Tag

Ein neues Lied

Singet dem HERRN ein neues Lied, denn er tut Wunder.

Psalm 98,1

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Als Martin Luther im Juli 1523 davon erfuhr, dass die beiden Augustinermönche Jakob Voes und Johann Esch wegen ihres standhaften Bekenntnisses zur Reformation auf dem Marktplatz von Brüssel verbrannt worden waren, dichtete er ein Lied. Ein neues Lied. Ein Lied, das von vielen Kirchenhistorikern für das erste Lied Luthers und zugleich für die Geburtsstunde des evangelischen Kirchenlieds gehalten wird. „Ein neues Lied wir heben an, das walt Gott unser Herre“ – so fängt es an, das neue „Lied von den zwei Märtyrern Christi, zu Brüssel von den Sophisten zu Löwen verbrannt“ – wie der Reformator es selbst beschrieb. Das brachte bei ihm den Liederdichter hervor – sagt man!

Ob das wirklich alles so war, lasse ich mal dahingestellt sein. Wahr ist allerdings, dass es einen Anlass braucht, damit ein neues Lied entsteht und wir nicht immer im alten stecken bleiben.

Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder – hat Wunder getan!

Der Psalmdichter hat seine Gründe und fordert andere – auch uns – auf, sich ebenfalls darauf einzulassen und dann auch mit einzustimmen.

Gott hat Wunder getan – wie Helmut Lamparter hier übersetzt – und er tut immer wieder Wunder. Der Blick auf Gottes Werk, sein Handeln und auf Gott selbst, verlockt zum Lobgesang. Solange wir auf uns selbst blicken, uns mit unseren Begrenzungen, Unmöglichkeiten und unserer Sünde betrachten, bringen wir nur das alte Lied zustande – immer das alte Lied. Es ist das Lied der Mutlosigkeit, des Jammerns und Klagens. Es ist die unselige gleiche alte Leier vom sich Abmühen mit am Ende nur mäßigen Erfolg. Es ist der Blick auf mein immer wiederkehrendes Scheitern an unterschiedlichen Herausforderungen und der daraus entstehenden Frustration. Eben das alte Lied.

Und das ändert sich auch nicht, wenn wir nicht die Blickrichtung ändern. Es gilt deshalb – so der Psalmdichter - auf die großen Taten Gottes immer wieder neu aufmerksam zu werden, sie ganz bewusst in den Blick zu nehmen. Die großen und kleinen Wunder in der langen Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel, die Wunder in der Kirchengeschichte und in unserem eigenen Leben wollen uns zu Bewunderung und Staunen über unseren großen Gott anstiften. Lassen wir uns anstecken! Vor allem geht es dabei um Gottes Heilshandeln. „Er schafft Heil mit seiner Rechten und mit seinem heiligen Arm … aller Welt Enden sehen das Heil unseres Gottes“. So heißt es im weiteren Verlauf des Psalms.

Vielleicht ist es die Gewöhnung, die uns oft vergessen lässt, was Gott getan hat und tut. Vielleicht ist es aber auch der Widersacher Gottes, der uns gezielt ablenken und durcheinanderbringen will. Und dabei pfeift er uns dann wieder das alte Lied ins Ohr. „Das ist nicht zu schaffen! Gib doch auf! Lass es doch einfach sein … Du machst dir hier was vor … und so weiter!“ Das ist sein Ding! Hauptsache wir verlieren Gott aus dem Blick und lassen uns bannen von den Schwierigkeiten, die er uns immer und immer wieder vor Augen hält. Dann hat der Widersacher Gottes sein Ziel erreicht, dann erklingt sie wieder, die alte Leier. Wir sind aber dazu eingeladen, das neue Lied anzustimmen. Dieses neue Lied muss nicht unbedingt historisch betrachtet neu sein, sondern es muss qualitativ neu sein. Es hat Gott zum Thema und Mittelpunkt, es besingt seine guten Absichten, Verheißungen und Taten. Und dieses neue Lied ist das Lied der Lieder für den Herrn der Herren. Lassen Sie uns heute den Blickwechsel üben und kräftig mit einstimmen!

Autor/-in: Bernhard Heyl