15.11.2018 / Wort zum Tag

Ein Lied stärkt

Der HERR ist seines Volkes Stärke.

Psalm 28,8

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„Schweige nicht, Herr, wenn ich zu dir rufe, denn wenn du schweigst, dann bin ich dem Tod geweiht“, so bittet David, der Beter des 28. Psalms.

Vielleicht ist es eine schwere Krankheit, unter der er leidet, vielleicht die Verfolgung durch Feinde, die ihn so schreien lässt. Auf jeden Fall aber schwebt er in Todesgefahr.

Raffe mich nicht hin – bittet er.

Gott hört und handelt auf diese Bitte hin. Der Beter hat Hilfe erfahren.

Gelobt sei der Herr, denn Er hat erhört die Stimme meines Flehens – heißt es im Psalm. Der Beter hat Anschluss gefunden an die Kraftquelle Gottes. Er macht die Erfahrung, von der auch der Prophet Jesaja redet: Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden (Jesaja 40,29). Jetzt kann der Beter bezeugen:  Der Herr ist meine Stärke und mein Schild. Diese Erfahrung mündet ein in das Bekenntnis in Psalm 28,8:

Der Herr ist seines Volkes Stärke.

Auch die Aidlinger Schwester Helga Winkel bekennt in einem Lied: „Du machst mich stark, du gibst mir frohen Mut“. Helga Winkel hat eine schwierige Kindheit erlebt. Ihr Vater hat die Familie schon vor ihrer Geburt verlassen. Die Mutter musste sie und ihren älteren Bruder alleine großziehen. Als junges Mädchen kommt sie in Kontakt mit den Aidlinger Schwestern in Stuttgart. Sie entdeckt ihre Berufung und wird Aidlinger Schwester.

Im Jahr 1952 hat Helga Winkel  das Lied gedichtet: „Herr, weil mich festhält deine starke Hand“. Es war eine Zeit, in der sie sich total elend fühlte und unter zunehmender Kraftlosigkeit und lähmender Müdigkeit litt. Die Ursache für ihren Zustand war ihr völlig unerklärlich, erst später hat man eine schwere Diabeteserkrankung festgestellt. In dieser Situation dichtet sie:

„Herr, weil mich festhält deine starke Hand, vertrau ich still.

Weil du voll Liebe dich zu mir gewandt, vertrau ich still.

Du machst mich stark, du gibst mir frohen Mut,

ich preise dich, dein Wille, Herr, ist gut.“

Helga Winkel schreibt: „Durch den Text, den mir Jesus schenkte, wurde ich zuerst selbst beschenkt. Der Herr hat mich in die Schule des Vertrauens genommen.“

Schwester Helga wollte diese Erfahrung nicht für sich behalten, sie wollte sie an andere Menschen weitergeben. Sie wollte weitersagen, woher die Kraft zum Leben kommt. Dafür hat sie ein Leben lang ihre Lieder und Gedichte geschrieben.

In einem anderen Gedicht heißt es:

„Gott macht es gut – er lässt uns nicht allein,

mag mühsam oft der Weg und dunkel sein,

so ist Gott näher als du denkst,

und deine Nöte kennt er längst.

Es bleibt dabei: Er ist uns treu,

Gott macht es gut.“

Schwester Helga Winkel ist im Jahr 2016 im Alter von 90 Jahren verstorben, aber durch ihr Lied wirkt sie weiter. Was sie erfahren hat, soll zur Erfahrung der Gemeinde Jesu, zu unserer Erfahrung werden. Das entspricht dem Anliegen des 28. Psalms. Nicht zufällig mündet er in das Bekenntnis: Der Herr ist seines Volkes Stärke.

Ein Ausleger schreibt dazu: Was der Beter mit Gott erlebt hat, ist nicht nur sein persönlicher Besitz, was er von ihm erhofft, ist nicht nur sein privates Glück. Erfahrungen mit Gott sind Erfahrungen des Volkes Gottes, Erfahrungen der Gemeinde Jesu. Sie sind zum Weitergeben und zum Weitersagen da. Andere Menschen sollen davon hören. In der Verkündigung, im Lied und im persönlichen Zeugnis - auch durch uns.

(Quellenangabe: "Herr, weil mich festhält deine starke Hand. Gebete, Lieder und Gedichte der Diakonisse und Dichterin", 3. Aufl., Holzgerlingen 2017)

Autor/-in: Pfarrer Werner Schmückle