11.02.2019 / Wort zum Tag

Ein lebenslanger Prozess

Der Geist Gottes lässt als Frucht eine Fülle von Gutem wachsen, nämlich: Liebe, Freude und Frieden, Geduld, Freundlichkeit und Güte, Treue, Bescheidenheit und Selbstbeherrschung.

Galater 5,22–23

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Eine Tüte Blumensamen bekam jedes Kind beim Kindergottesdienst geschenkt.

Die kleine Kira ist neugierig. Sie will gleich ausprobieren, ob aus diesen Körnchen wirklich Blümchen werden. Mit ihrer Mutter topft sie den Samen ein. Obwohl sie fast jeden Tag gießen, tut sich zunächst nichts. Nach einer gefühlten „halben Ewigkeit“ erblickt ein erstes kleines Stängelchen das Licht der Welt. Am nächsten Tag erwischt die Mutter Kira dabei, wie sie an dem Pflänzchen zieht und ruft: „Hey, wachs schneller!“ Zugleich kann die Mutter verhindern, dass das zarte Grün ausgerupft wird. Einige Zeit später erblicken die beiden auf der Fensterbank eine leuchtend gelbe Blume.

Ob Paulus die herrliche Natur im Blick hatte, als er die Auswirkungen des Glaubens mit einem Wachstum wie bei Früchten verglichen hat? Wie oft mag er auf seinen vielen Reisen über die Vielfalt der Schöpfung gestaunt haben? Wo Gottes Geist in einem Menschen Raum bekommt, da bewirkt er auch Veränderungen. Nicht immer radikal von heute auf morgen, sondern langsam wie beim Wachstum einer Frucht.

Paulus schreibt deshalb den Christen zu Galatien:

„Der Geist Gottes lässt als Frucht eine Fülle von Gutem wachsen, nämlich: Liebe, Freude und Frieden, Geduld, Freundlichkeit und Güte, Treue, Bescheidenheit und Selbstbeherrschung“ (Galater 5, 22 + 23).

Aber dafür muss ein Mensch bereit sein, dass Gottes Geist in seinem Leben zum Zuge kommt!  Sonst ergeht es uns wie den Gänsen, von denen Sören Kierkegaard gleichnishaft erzählt. Sie treffen sich an jedem 7. Tag zu einer kleinen Feier. Der wortgewandte Obergänserich hält eine beeindruckende Rede über das Wunder des Fliegens. Er lobt den Mut ihrer Vorfahren, die das Fliegen gewagt haben. Am Ende neigen alle Gänse tief berührt ihr Haupt, um danach zum Mittagessen zu watscheln. Aber fliegen will keiner! Verrückt, oder?

Gottes Geist animiert uns nicht zum Fliegen, aber er gestaltet unser Leben um. Die Frucht der „Liebe“: Eine Frau pflegt z. B. ihren demenzkranken Vater, obwohl er mit seinen Alkoholeskapaden vor Jahren die Familie zerstört hat. Die „Frucht der Selbstbeherrschung“: Ein Mann entdeckt, dass Dickköpfigkeit keine Frucht des Geistes bei Meinungsverschiedenheiten ist und ändert sein rechthaberisches Verhalten bei Konflikten. Die Frucht der Wahrhaftigkeit: Jemand frisiert nicht mehr seine Steuererklärung, ohne sich ein schlechtes Gewissen zu machen.

Ich muss Sie also warnen: Der Kontakt mit Christus verändert Sie! Wenn es um Fortschritt geht, den Gott in meinem Leben bewirkt, so ist das ein lebenslanger Prozess.

Manchmal geht es mir viel zu langsam. Dann bin ich ungeduldig wie die kleine Kira. Aber es ist wie beim Wachstum einer Eiche. Nicht das Tempo ist entscheidend, sondern die Festigkeit!

Bitten Sie heute darum, dass Gottes Geist Ihr Leben gestalten darf!

Autor/-in: Pfarrer Rainer Heuschneider