05.05.2017 / Wort zum Tag

Ein Herz für den Mitchrist

Wenn jemand dieser Welt Güter hat und sieht seinen Bruder darben und verschließt sein Herz vor ihm, wie bleibt dann die Liebe Gottes in ihm?

1. Johannes 3,17

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"Wenn jemand dieser Welt Güter hat und sieht seinen Bruder darben und verschließt sein Herz vor ihm, wie bleibt dann die Liebe Gottes in ihm?" 1. Johannes 3,17

Ist das nicht ein bisschen hart? Der Apostel Johannes weiß doch gar nicht, wie es uns geht? Und überhaupt ist es ja doch wohl gelinde gesagt schwierig, von meinem Verhalten auf irgendeinem Gebiet auf meinen Glauben zurückzuschließen, oder? Denn dann würde es ja andersherum heißen: Wer spendabel genug ist, der ist ein guter Christ! Aber mal ehrlich, was macht diese Frage des Apostels so unangenehm? Ich denke, es ist unser vermeintliches Selbstbestimmungsrecht. Was ich mit meinem Geld mache, geht niemanden etwas an. Das ist meine Sache; allein meine Sache! Aber stimmt das denn so? Ist das realistisch? Ich lese uns einmal diesen Satz mit den beiden Sätzen, die ihn einrahmen. Da heißt es dann: 16 Daran haben wir die Liebe erkannt, dass Jesus sein Leben für uns gelassen hat; und wir sollen auch das Leben für die Brüder lassen. 17 Wenn aber jemand dieser Welt Güter hat und sieht seinen Bruder darben und verschließt sein Herz vor ihm, wie bleibt dann die Liebe Gottes in ihm? 18 Meine Kinder, lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit.

Jesus hat sein Leben für uns gelassen. Er hat nicht daran festgehalten. Und warum? Weil er uns mit seinem Leiden und Sterben zu seinem persönlichen Eigentum machen wollte. Wir sollten ihm gehören. Und als Leute, die zu ihm gehören, soll von unserem Leben etwas ausstrahlen, was ihm ähnlich ist. Und deswegen entspricht es nicht den Tatsachen, wenn ich mich  als Christen bezeichnen, aber gleichzeitig so tue, als wäre irgendetwas in meinem Leben allein meine Angelegenheit. Wer zu Jesus gehört, der ist sein Eigentum. Wer an ihn glaubt, hat ihm die Verfügungsrechte über sein Leben übereignet. Und deswegen ist Johannes hier so geradlinig und klar. Wenn da jemand ist, der wie du zu Jesus Christus gehört, dann kann es dir nicht egal sein, wenn es ihm schlecht geht. Jesus war es auch nicht egal, dass wir verlorene Leute sind, die im Gericht Gottes untergehen. Das wollte er nicht zulassen. Er wollte, dass es uns in alle Ewigkeit gut geht. Dann will er, dass wir hier in diesem kurzen Leben aufeinander achten und uns gegenseitig unterstützen und helfen.

Wie kann das jetzt umgesetzt werden? Wie wird das praktisch? Johannes spricht von der Not, die wir sehen. Wir müssen also nicht die Welt retten, sondern einfach nur in unserem direkten Umfeld die Augen offenhalten. Wie geht es den Menschen um mich herum? Wie geht es dem Mann aus meiner Gemeinde, dessen Ehe auseinandergebrochen ist? Wie geht es dem Langzeitarbeitslosen, der neulich sein Auto verkaufen musste, weil seine Waschmaschine kaputtgegangen war? Was macht die junge, alleinlebende Frau, die mitten in der Ausbildung ein  Kind bekommen hat? Wie geht es der Rentnerin, die so schlecht zu Fuß ist und keine Familie in der Nähe hat? Oder wie geht es dem Manager, der Tag für Tag unter einem riesigen Druck steht und sich fragt, wie lange er das noch durchsteht. Wie geht es der Lehrerin, die in ihren siebten und achten Klassen einen so schweren Stand hat? Und nun geht es nicht darum, alle Probleme dieser Menschen zu lösen. Johannes will, dass wir unser Herz nicht verschließen! Und zwar in beide Richtungen! Jedes Herz hat jeweils zwei mal zwei  Kammern. Die einen sind für das sauerstoffreiche Blut zuständig, das in den Körper hineingepumpt werden muss; und die anderen sind für das sauerstoffarme Blut zuständig, das zur Lunge gepumpt werden soll. Wir sollen unser Herz nicht verschließen; nicht für die Liebe Jesu, die uns belebt, aber auch nicht für die Not des Anderen, der meine Liebe braucht. Vielleicht kann uns  Gebet wie das folgende dabei eine Hilfe sein: Herr Jesus Christus, danke für deine Liebe zu mir. Ich bin dir mehr wert, als dein eigenes Leben. Steck mich an mit deiner Liebe und öffne mir die Augen für den Menschen, der mich heute braucht.

Autor/-in: Pfarrer Michael Sarembe