13.07.2018 / ERF Global Hope

„Ein bisschen mehr Taizé für diese Welt“

Mit vielen Nationen gemeinsam auf dem Pilgerweg des menschlicheren Miteinanders.

„Barmherzigkeit heißt für mich auch Warmherzigkeit“, erklärt eine sechzehnjährige Taize´-Besucherin. Sie wünscht sich ein bisschen mehr Taizé für diese Welt. „Ubi caritas et amor“ – wo Güte und Liebe herrschen, da ist Gott. Dieses Lied wird in Taizé oft in den Andachten gesungen. Wer nach Taizé kommt, ist eingeladen, im gemeinsamen Gebet und Gesang, in Stille und Gesprächen mit anderen, nach Gemeinschaft mit Gott zu suchen.

Tausende Jugendliche aus aller Welt nehmen am Leben der Ordensbrüder teil

Das ganze Jahr über, aber vermehrt in den Sommermonaten, nehmen mehrere tausend Jugendliche aus aller Welt wöchentlich am Leben der Ordensbrüder teil: Dreimal am Tag beten, singen und  sie in mehrsprachigen Gottesdiensten. Bibelstudien, Glaubensreflexionen und Alltagsdienste, wie Spülen und Toiletten säubern,  werden in Taizé mit Freude erledigt. Freude, Einfachheit, Barmherzigkeit und Solidarität mit den Armen und Notleidenden dieser Welt wird in der Kommunität nicht nur gepredigt, sondern auch gelebt.

Die Brüder der Communauté von Taizé leben ausschließlich vom Ertrag ihrer Arbeit. Sie nehmen für sich selbst keinerlei Spenden an. Selbst persönliche Erbschaften gibt die Communauté an arme Menschen weiter. Auf den verschiedenen Kontinenten unterstützt die Communauté Menschen in Schwierigkeiten, unter anderem bedürftige oder kranke Kinder.

Freré Roger, der Gründer des Ordens in Burgund, stellte diese Werte schon zu Beginn 1945 in den Mittelpunkt der Gemeinschaft. Zu neuer Solidarität in der Menschheitsfamilie ruft nun sein Nachfolger Bruder Alois auf. In einem Brief aus Indien resümiert er: „Unterwegs auf dem‚ Pilgerweg des Vertrauens auf der Erde’, der Jugendliche aus vielen Ländern zusammenführt, begreifen wir eines immer tiefer: Alle Menschen bilden ein und dieselbe Familie, und Gott bewohnt ausnahmslos jeden Menschen.“

Ein Zufluchtsort für Flüchtlinge

Seit dem Zweiten Weltkrieg ist Taizé ein Ort mit Geschichte für Flüchtlinge. In Workshops wird über Flucht und Fluchtursachen gesprochen. Begegnungen zwischen jungen Christen und Muslimen werden angeboten. Zahlreiche Jugendliche fordern, dass die Globalisierung der Wirtschaft mit einer Globalisierung der Solidarität einhergeht.  Zudem eine würdige und verantwortungsbewusste Aufnahme von Zuwanderern. Eine syrische Familie und elf junge Flüchtling aus dem Sudan und aus Afghanistan leben in Taizé. Sie alle sind Muslime.

„Wir Brüder konnten dadurch besser begreifen, welche geistliche Dimension das körperliche Fasten hat. Wir waren berührt zu sehen, wie hingebungsvoll diese jungen Menschen beten und versuchen, sich in Einfachheit Gott zuzuwenden“, berichtet Freré Alois. Und der Prior ergänzt weiter „Taizé schafft auch Räume für Muslime. Nicht alles kann geteilt werden, doch gemeinsam kann man sagen: Gott ist gut! Nichts kann eine persönliche Begegnung ersetzen.“ Dies gilt im Besonderen auch für die Begegnung mit dem Islam. Muslime und Christen können gemeinsam Zeichen des Friedens setzen und sich einer „Gewalt im Namen Gottes“ entgegenstellen. Sich innerhalb Europas zu isolieren, würde bedeuten, in eine Sackgasse zu geraten. Sowohl unter Europäern als auch gegenüber den Flüchtlingen ist ein geschwisterliches Miteinander der einzige Weg, um Frieden zu schaffen.

„Wir sprechen einfaches Taizé-Englisch. Wenn ihr hergekommen seid, weil ihr viele Fragen zu Asylanten, Flüchtlingen und Migranten habt, dann seid ihr hier richtig. Wenn ihr Antworten erwartet, dann nicht.“ (Workshopleiterin Oschi)

„Wir sprechen einfaches Taizé-Englisch. Wenn ihr hergekommen seid, weil ihr viele Fragen zu Asylanten, Flüchtlingen und Migranten habt, dann seid ihr hier richtig. Wenn ihr Antworten erwartet, dann nicht.“  Workshopleiterin Oschi begrüßt die erwartungsvollen Jugendlichen lachend. Oschi ist Ungarin und lebt seit 16 Jahren in Taizé. In einem Workshop klärt sie interessierte Jugendliche über die Bleiberechte von Asylanten auf. Dass ihr Heimatland Ungarn Asylanten grundsätzlich ablehnt, ärgert sie. „Ich ziehe den Hut vor Deutschland und Schweden, dass sie Flüchtlinge willkommen heißen“, sagt sie bewundernd.

„Mit tausenden jungen Menschen geht ein Hoffnungsschimmer in die Welt“ (Freré Alois)

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Ortsschild

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Bibelstudien in vielen Sprachen

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Das Angebot-ist umfangreich

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Eingang zum Campus unter dem Glockenturm

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Auf dem Weg zur Kirche

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Ruhe vor dem Gottesdienst

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Einzug im Altarraum

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Gebet und Stille in der Andacht

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Auszug der Ordensbrüder

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Große Zelte bieten Schatten zum Studieren

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Zu Studien und Andacht sitzt man auf dem Boden

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Jugendliche haben in Taizé Vorrang

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Flüchtlinge sind in Taizé immer willkommen

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Junge Menschen im Gespräch mit einem Ordensbruder

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Im Gespräch mit Freré Alois

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Kommunikation am Infoboard

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - ...nur Bänke

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Nacht der tausend Lichter

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Menschen aus vielen Nationen beten und singen

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Taizé Kreuz und Liederbuch

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Essensausgabe

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Typische Essensaustattung

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Viel Bewegung im Tagesablauf

© Heike Knauff-Oliver / ERF Medien - Viele Menschen kommen gerne wieder nach Taizé

Woche für Woche weist sie junge Taizé-Besucher aus aller Welt auf die Problematik von Asylsuchenden hin. Sie erzählt ihre oftmals sehr traurigen Geschichten. Warum sie Handys als unerlässliche Lebensbegleiter mit sich tragen und mit welchen Nöten sie in Europa zu kämpfen haben. Die Jugendlichen interessiert der Weg vom Asylanten zum Flüchtling. Sie wollen auch wissen, wie man die hier in Taizé aufgenommenen Flüchtlinge erkennen könne. Taizé, das kleine Örtchen in Burgund mit seinen knapp 175 Einwohnern, hat mehrere Familien und 18 jungen Männer als Asylanten aufgenommen. „Sie haben keine Markierung“, klärt Oschi lachend auf. „Man fragt zuerst nach dem Namen und nicht: Woher kommst du und welche Religion hast du?“

Zahlreiche Jugendliche fragen sich, wie sie etwas Taizé zu Hause weiterleben können

Viele junge Menschenfragen sich, wie sie sich für andere engagieren können. Dieser „Weg zu einer neuen Solidarität“ kann der Widerhall einer gemeinsame Begeisterung sein; Menschen, die zum Gebet zusammenkommen, und gemeinsam über die Herausforderungen der heutigen Welt nachdenken. Zahlreiche Jugendliche, die in Taizé waren, fragen sich, wie sie etwas von dem zu Hause weiterleben können, was ihnen bei den Treffen wichtig wurde. Die Brüder ermutigen sie dazu, sich zu Hause in ihren Ländern, in Kirchengemeinden, Gruppen und Verbänden zu engagieren. Der „Pilgerweg des Vertrauens auf der Erde“ ist ein Versuch, sie dabei zu begleiten.

Autor/-in: Heike Knauff-Oliver

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