18.04.2019 / Wort zum Tag

Durch Scheitern lernen

Der Herr wandte sich und sah Petrus an. Und Petrus gedachte an des Herrn Wort, wie er zu ihm gesagt hatte: Ehe heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich.

Lukas 22,61–62

Ihr Browser unterstützt HTML5 Audio nicht!

Durch Scheitern lernen – muss das sein? Ich möchte doch lieber lernen durch Erfolge, Ermutigung und leuchtende Vorbilder. Aber die Bibel zeigt uns noch eine andere Lernmethode: Durch Scheitern lernen.

Petrus erlebt sich von einer Seite, die er selber nicht für möglich gehalten hätte. Das darf doch nicht wahr sein. Ich, der treuste und mutigste aller Jesus Freunde! Wenn alle wegrennen, ich bleibe bei dir. Petrus ist der einzige Freund, der sich in die Höhle des Löwen wagt;  in den Innenhof des Hohenpriesters, wo sein bester Freund Jesus seinem ungewissen Schicksal ausgeliefert ist.

Petrus geht ein hohes Risiko ein. Ihm ist klar:  Diese Freundschaft konnte ihn das Leben kosten. Es ist kaum zu glauben: Petrus setzt sich sogar zum Verhaftungskommando dazu.  Er ist voller guter Vorsätze.  Er will Jesus helfen. Nicht seine Schwächen, sondern gerade seine Stärken werden ihm jetzt gefährlich. Das Heimtückische ist, dass man oft von unvorhergesehener Ecke her in Frage gestellt ist. „Der da war auch mit Jesus“. „Jesus? – kenn ich nicht.“

Die Angst, erkannt zu werden, ist verständlich. Ist Petrus feige? Vorsicht, keine vorschnellen Urteile! Vielleicht wollte er nur die anderen Jünger schützen. Oder er denkt taktisch: Wenn ich jetzt auch noch verhaftet werde, kann ich Jesus nichts mehr nützen. Aber Fakt ist: Er lügt. Und er macht das Gegenteil von dem, was er in der Schule von Jesus gelernt hat: Sich selber verleugnen und Jesus bekennen.

Nun könnte man noch sagen: Er ist einfach überrumpelt von der Situation. Hat er daraus gelernt? Nein, er hat nichts gelernt. Beim zweiten Mal reagiert er gleich. Und nachdem ihm eine Stunde Besinnungspause gegönnt wird noch einmal.

Lügen haben kurze Beine. Ausgerechnet die Worte, mit denen Petrus sich schützen will, werden ihm  zum Fallstrick, denn daran erkennen die anderen seinen galiläischen Akzent.  Die Galiläer sprechen das SCH so komisch aus. 

Der Hahn kräht. Genauso hat es Jesus vorhergesagt. Sein Wort geht in Erfüllung. Da wo es uns passt und da, wo es uns nicht passt.

Ausgerechnet jetzt kommt es zur Sichtverbindung zwischen Jesus und Petrus. Der Herr wandte sich und sah Petrus an. Und Petrus gedachte an des Herrn Wort, wie er zu ihm gesagt hatte: Ehe heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich.  So steht es im Lukasevangelium.

Jesus sagt nichts. Aber seine Augen sprechen. Würde Jesus jetzt etwas sagen, würde er ja Petrus dadurch verraten. Durch sein Schweigen schützt er ihn.  Der Herr verrät uns nicht. Petrus wollte Helfer von Jesus sein. Nun hilft Jesus ihm.

Jesu Blick fällt auf Sie und mich heute. Auch die beste Frömmigkeit, auch die begeistertste Liebe zu Jesus bewahrt uns nicht vor Scheitern.

Petrus weint. Andere würden aggressiv reagieren. Oder anfangen, andere zu beschuldigen.  Oder bitter und trotzig werden.  Petrus kann sich seiner Schuld stellen und über sich selber weinen.

Durch Scheitern lernen -

das ist keine allgemeine Lebensweisheit, sondern eine persönliche und ernstgemeinte Zumutung von Jesus höchstpersönlich. Nicht Kopf hoch, nicht so schlimm und Schwamm drüber und das darf man nicht so eng sehen. Sein Blick macht klar: Es gibt keinen Heiligen ohne Vergangenheit und keinen Sünder ohne Zukunft. Sein Blick ist immer ein Blick voller Liebe.

Nehmen Sie Blickkontakt auf. Z. B. mit einer Liedzeile von Peter Strauch: „Jesus ich sehe auf dich. Deine Liebe, die kann mich verändern.“

Autor/-in: Pfarrer Matthias Adt