29.10.2023 / Wort zum Tag

„Du, ich denke an dich!“

Der HERR spricht: Wen hast du gescheut und gefürchtet, dass du treulos wurdest und nicht an mich dachtest?

Jesaja 57,11

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„Du, ich denke an dich.“ Manche sagen diesen Satz zum Abschied. Sie wollen den anderen ermutigen. Du bist nicht vergessen. In meinen Gedanken bin ich bei dir. Ein Satz zum Aufmuntern: Denk daran, du bist nicht allein.

Manchmal fällt dieser Satz auch als Aufforderung: „Papa, denk an mich, wenn du während der Geschäftsreise in der Hauptstadt mal eine Pause hast. Da ist ein besonderes Kleidergeschäft. Dort diese Boutique. Bitte, bring mir etwas mit.“

Und ein paar Tage später heißt es dann vielleicht: „Hast du nicht an mich gedacht?“ Und aus ungläubigem Staunen kann es dann vorwurfsvoll werden: „Du denkst aber auch immer nur an dich.“ Und noch schärfer: „Denkst du denn an mich überhaupt nicht mehr?“ Und vielleicht wird sogar noch nachgeschoben: „Liebst du mich eigentlich noch?“ – Stille.

Haben Sie schon einmal überlegt, dass Gott so etwas sagen könnte? Wie klingt das, wenn er es so formuliert: Mensch, was ist los, dass du nicht an mich denkst?

Gott stellt diese Frage tatsächlich. Sie steht in der Bibel, im Alten Testament: Buch Jesaja Kapitel 57 Vers 11: „Wen hast du gescheut und gefürchtet, dass du treulos wurdest und nicht an mich dachtest?“

Oh, dickes Geschütz. Dicke Luft. Heftige Vorwürfe: Du bist treulos geworden. Schämst du dich gar nicht? Was ist da passiert zwischen Gott und dem Menschen, dass Gott so fragen muss?!

Hm, wenn ich darüber nachdenke: Ich finde es irgendwie schon gut, dass Gott uns so fragt. Das klingt nach Ursachenforschung. Da bin ich noch nicht am Tiefpunkt angelangt. Gott fragt mich. Er stellt nicht den Vorwurf in den Raum – und Funkstille ist. Aus und vorbei.

Natürlich, wenn mir jemand Untreue vorwirft - das ist nicht angenehm. Schon die Feststellung, dass ich jemanden vergessen habe, dass ich mein Versprechen nicht gehalten habe, kann ziemlich wehtun.

Aber solange er fragt – aus der Frage kann doch noch etwas werden. Wen hast du gescheut? Wen hast du gefürchtet, dass du mir untreu wurdest? Mensch, wenn du an mich, deinen Gott, nicht mal mehr denkst, dann hast du doch jemand anderes an die erste Stelle gesetzt. Wer hat dir den Kopf verdreht? Denkt der denn auch an dich? Tut der dir wirklich gut? Bist du da frei und hast Leben und Perspektive?

Ich glaube: Wenn wir Gott vergessen, dann tut ihm das ziemlich weh. Wenn wir nicht mehr nach Gott fragen, nicht einmal mehr an ihn denken – das trifft ihn tief. Weil: Gott denkt an uns. An Sie. An mich. Gott fragt nach uns: Mensch, hast du Grund, dich von mir abzuwenden? Warum gehst du auf Distanz? Warum versteckst du dich vor deinem Gott?

So fragt Gott. Und aus der Frage kann noch etwas werden. Was aus der Frage Gottes an uns wird, hängt vor allem an der Antwort, die wir ihm geben. Deshalb will ich Sie jetzt in Gottes Frage einbeziehen: Ich lade Sie ein, heute an Gott zu denken. Ich ermutige Sie: Wenden Sie sich Gott im Lauf des Tages einfach bewusst zu: Du, Gott. Du und ich – wir könnten doch mal wieder. Aus uns kann noch etwas werden. Papa, denk bitte an mich.

Autor/-in: Roland Simantzik