13.08.2018 / Wort zum Tag

Die Quelle der Liebe

Jesus spricht: Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, wie ich euch liebe.

Johannes 15,12

Ihr Browser unterstützt HTML5 Audio nicht!

Liebhaben ist immer gut. Kuschelkurs kommt besser an, als dauernde Auseinandersetzung. Und wie oft geht es leider gerade in christlichen Gemeinden lieblos zu! Ist es also Zeit für eine Charmeoffensive in christlichen Gemeinden? Schließlich redet Jesus ja auch immer wieder von der Liebe. Also, seid nett zueinander! Besser wär’s, oder?

In dem Vers aus dem Johannesevangelium, um den es heute gehen soll, ist tatsächlich von Liebe die Rede; von einer Liebe die das Herzstück, die Kernmotivation der christlichen Gemeinde sein soll. Jesus sagt zu seinen Jüngern im Johannesevangelium, Kapitel 15, Vers 12: Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, wie ich euch liebe. Also doch, „Seid nett zueinander“? Doch Jesus erwartet wesentlich mehr  als das! Jesus erhebt seine Liebe zum Maßstab. Wir sollen lieben wie er. Wie hat Jesus denn geliebt? Was war sein Motiv? Was war der Antrieb für seine Liebe?

Die griechische Sprache kennt unterschiedliche Worte für die verschiedenen Arten von Liebe. Unsere deutsche Sprache ist hier relativ arm. Zumindest bedarf sie näherer Umschreibungen oder Erklärungen. Das Wort, das Jesus hier benutzt, beschreibt Liebe in ihrer höchsten Form. Hier wird ein Gegenüber geliebt, einfach nur, weil jemand das so will. Ob das geliebte Gegenüber liebenswert ist oder nicht, das steht gar nicht zur Diskussion. Der, der seine Liebe geben will, tut es einfach, weil er es kann und will. Er hat es so beschlossen. So liebt Jesus. Es ist diese Art von Liebe, die Menschen, die sie entdecken, regelmäßig in Staunen versetzt. „Ich bin geliebt, einfach so? Obwohl mein Leben so ist, wie es ist? Obwohl da so vieles ist, was mich schon in meinen Augen alles andere als liebenswert macht?“ So liebt Jesus, voraussetzungslos, ohne eine Entschädigung oder eine positive Reaktion zu erwarten. Einfach, weil er es will; einfach, weil er es kann. Und mit eben dieser Liebe sollen Christen miteinander umgehen. So sollen wir einander begegnen!

Zwei Dinge sind Voraussetzung dafür, dass diese Liebe unter uns geschieht und wir nicht nur verkrampft versuchen, irgendwie nett zueinander zu sein.

Da ist zum Einen der Perspektivwechsel.

Jesus hat in seiner Art zu lieben, das Gegenüber zum Maßstab erhoben. „Was willst du, dass ich dir tun soll?“, so hat er immer wieder gefragt. Es war ihm nicht so sehr wichtig, dass seine Liebe erwidert wird, wie es ihm wichtig war, dass hier einem Menschen in seiner Not tatsächlich geholfen wird. Diese Liebe, die es zu den Menschen zieht, die hat ihn motiviert. Deswegen ist er Mensch geworden, hat gepredigt, geheilt, gehandelt; deswegen ist er am Kreuz gestorben und von den Toten auferstanden; weil da Menschen sind, die ihn brauchen, die diese unverdiente Liebe brauchen.  Und zu diesem Perspektivwechsel fordert Jesus uns auf. Sieh die Menschen durch meine Augen!

Die zweite Voraussetzung, dass diese Liebe unter uns geschieht, ist die Frage nach unserer Quelle. Wir brauchen Anschluss an die Quelle, aus der diese Liebe sprudelt. Wir brauchen die Verbindung zu Jesus. Mit dieser Aufforderung, so zu lieben wie er, lädt Jesus uns also wieder neu zu sich ein. Wir sollen lernen von ihm. Wir sollen uns beschenken lassen von ihm. Wir sollen mit unserer Armut zu ihm kommen und ihn bitten um die Liebe, die uns so sehr fehlt. Wie viel Heilung könnte geschehen gerade in unseren Gemeinden, wenn diese kraftvolle und ehrliche Liebe, die von Jesus ausgeht, unter uns aktiv würde! Unsere eigene Lieblosigkeit ist nicht das größte Problem. Viel schlimmer und tragischer ist es, um die Liebe Jesu zu wissen, aber sie nicht für sich selber in Anspruch zu nehmen und sich von ihr verändern zu lassen.

Autor/-in: Pfarrer Michael Sarembe