15.02.2020 / Wort zum Tag

Die Nacht ist vorgedrungen

Ihr habt die Zeit erkannt, dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf, denn unser Heil ist jetzt näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden. Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe herbeigekommen.

Römer 13,11-12

Ihr Browser unterstützt HTML5 Audio nicht!

Lange dauert schon die dunkle Jahreszeit mit allem Unangenehmen und Unsicherem. Immerhin ist es wieder heller geworden. Dunkel kann uns aufs Gemüt drücken. Aber wir sehen auch die Welt um uns her, in der Dunkelheit herrscht. Messerangriffe, Flüchtlingselend, Afghanistan, Syrien, Terror, Brutalität, Aufstand der Menschen gegen ihre untätigen Regierungen in vielen Ländern, usw. Ich habe diese Woche gedacht: Großer Gott, lass das doch mal für eine Woche aufhören. Aber es geht immer weiter. Und vieles geschieht, ohne dass wir davon erfahren.

Auch in der persönlichen Situation kann es dunkel sein: eine hoffnungslose Diagnose, Mobbing an der Arbeitsstelle, Probleme in der Ehe oder mit den Kindern, Nachbarstreitigkeiten, Unfreundlichkeiten. Vieles Ähnliche kann uns da umtreiben. Da macht uns Paulus Hoffnung mit dem Bild des heranbrechenden Tages in Römer 13,11-12: lhr habt die Zeit erkannt, dass die Stunde ist da, aufzustehen vom Schlaf, denn unser Heil ist jetzt näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden. Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe herbeigekommen.

Wir können mit dem Adventslied singen: Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern. So sei nun Lob gesungen dem hellen Morgenstern. Dieser Morgenstern ist Jesus Christus. Ihm sollen wir in der tiefsten Nacht, d. h. in Zeiten der Not und Bedrängnis, vertrauen.

Die Apostelgeschichte berichtet von Paulus und Silas. Sie wurden in Philippi zu Unrecht ausgepeitscht und ins Gefängnis gesteckt. Mitten in der Nacht haben sie Loblieder gesungen. Lobgesänge in der Nacht! So heißt es schon in Hiob 35,10. Wie kann man Lobgesänge in der Nacht anstimmen? Paulus und Silas haben sich damals nach dem ersten Schreck und Schmerz darauf besonnen: Unser Gott ist immer noch da, auch wenn wir ihn nicht verstehen. Die Lobgesänge in der Nacht haben bei Paulus und Silas ein Erdbeben ausgelöst. Aber es war ein sehr spezielles Erdbeben. Das Gefängnis ist nicht eingestürzt. Nur die Türen und Fesseln sind aufgesprungen. Wenn wir Gott gegen allen Anschein loben, statt uns Trauer und Resignation hinzugeben, kann Erstaunliches geschehen. Es gibt den Satz: Glaube ist der Vogel, der singt, wenn die Nacht noch dunkel ist. Wir können das bald wieder am Morgen hören, wenn das Fenster offen ist. Die Vögel singen tatsächlich, wenn es noch dunkel ist. Warum? Sie wissen: Bald wird es hell, der Morgen kommt. Das können wir von den Vögeln lernen. Wir können gerade in den finsteren Zeiten unseres Lebens und in dieser Weltzeit - trotz allem - Jesus lobsingen, weil wir seine Zusage haben: Der Tag wird kommen. Das ist die Zusage von Jesus. Das Elend der Welt wird ein Ende haben.

Wir können uns fragen, wie lange das Elend und das Leid, die Nacht der Welt noch dauern wird. Gerade weil sich das Dunkle so steigert, ist das ein Hinweis auf die nahende Wiederkunft Christi. Die Nacht ist am dunkelsten, bevor der Tag anbricht, so hat es mal jemand ausgedrückt. Auch das schon erwähnte Adventslied von Jochen Klepper drückt eine große Hoffnung aus: Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein. Der Morgenstern bescheinet auch deine Angst und Pein. Wir haben also allen Grund, mutig zu sein zu Lobliedern in der Nacht.

Autor/-in: Pfarrerin Dagmar Rohrbach