30.06.2020 / Andacht

Die Menschenfreundlichkeit Gottes auf zwei Beinen

Gott ist heilig, mächtig, herrlich. Doch ist Gott auch freundlich?


Als aber die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes, unseres Retters, erschien... (Titus 3,4).

Ein freundliches Gegenüber macht Mut

Aus meiner Studienzeit kenne ich einen Kollegen, der ist durch und durch ein positiver Mensch. Als ich ihn einmal traf, kam er gleich freudestrahlend auf mich zu: „Hallo Steffen. Wie schön dich zu sehen. Wie geht es dir?“ Ich erzählte ein wenig, was mich zur Zeit beschäftigte. Dann fragte ich: „Und wie geht es dir?“ Ein frohes Lächeln huschte über sein Gesicht als er sprach: „Mir geht es wunderbar. Ich habe eine großartige Frau. Zwei geniale Kinder. Und einen unfassbar guten Gott.“

Solche Sätze sind typisch für diesen Mann. Und dennoch war ich damals erstaunt. Selten hatte ich einen derart positiven Blick auf mein Leben. Das wurde mir in diesem Moment klar. Aber ich war ermutigt. Denn diese hoffnungsvolle Grundeinstellung meines Gegenübers erwächst aus seinem freundlichen Wesen. Vielleicht ist es auch umgekehrt. Doch immer wieder stellte ich fest: wenn ich diesem Bekannten begegnete, war das für mich ermutigend. Jedes Mal. Und von seiner freundlichen Art färbte auch etwas auf mich ab. Und den Leuten, die ich anschließend traf, begegnete ich ein ganzes Stück freundlicher. Freundlicher als es sonst meine Art ist.

Wenn ich mit wirklich freundlichen Menschen zusammen bin, dann verändert mich das. Und zwar in einer guten Art und Weise. Das ist wie mit Steinen, die in der Mittagssonne liegen. Sie nehmen die Wärme der Sonnenstrahlen auf. Und später am Abend können sie diese wieder abgeben.

Ob Gott auch freundlich ist?

Dabei stellt sich mir eine ganz merkwürdige Frage. Ob Gott wohl auch freundlich ist? Ich meine jetzt nicht, ob Gott Menschen liebt. Aber ich frage mich: begegnet mir Gott auch mit solch einer wohltuenden Freundlichkeit? So wie ich sie anfangs geschildert habe. Die echt ist. Und die aus den allertiefsten Gründen seines Herzens kommt. Ich stelle diese Frage nicht von ungefähr. Denn ich kenne jene merkwürdigen Gedanken in mir, die mir weismachen wollen: ja natürlich. Gott liebt dich. Ob er dich aber auch mit freundlichen Augen ansieht? Ob er dich auch gern hat? Solche Gedanken keimen in mir auf. Mag der heilige Gott seine Geschöpfe? Begegnet er ihnen mit einer alles überwindenden Freundlichkeit?

Gottes Freundlichkeit vor Augen – jeden Tag

Und Gott antwortet tatsächlich auf diese Frage, die mir so merkwürdig vorkommt. Da schreibt Paulus, der früher zur strengsten jüdischen Gruppierung gehörte bevor er Christ wurde: „Als aber die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes, unseres Retters, erschien...“ (Titus 3,4). Wörtlich übersetzt wird es noch deutlicher: „Als aber die Freundlichkeit und Menschenfreundlichkeit Gottes, unseres Retters, erschien...“ Zweimal betont Paulus: Als Jesus Christus Mensch wurde, da erschien die ganze Freundlichkeit Gottes. Sie war in ihm und bestimmte sein Wesen. Die ganze Menschenfreundlichkeit Gottes. Eindeutiger konnte das der frühere Pharisäer gar nicht betonen. Gemeint ist die „Güte“ Gottes, die uns „mild“ und „sanft“ und voller „Freundlichkeit“ begegnet. Es geht ganz wörtlich um die „Menschenfreundlichkeit“ des Höchsten. Um seine „Menschenliebe“.

Als Jesus Christus Mensch wurde, da erschien die ganze Freundlichkeit Gottes. Sie war in ihm und bestimmte sein Wesen. Die ganze Menschenfreundlichkeit Gottes.

Und jene ganz ehrliche Freundlichkeit des allmächtigen Gottes – die ist erschienen, heißt es hier. Im Grunde ist dieser Satz von Paulus ein Adventstext. Als Jesus Mensch wurde und unsere Welt betrat, da nahm die „Menschenfreundlichkeit“ des Schöpfers Gestalt an. Sie wurde sichtbar, greifbar. Sie bekommt ein Gesicht, zwei Hände und Füße, Arme und Beine. In dem Menschen Jesus Christus.

Er kam aus dem Himmel. Und von dort brachte er sie mit, die sanfte Güte und Freundlichkeit Gottes. Sie bestimmte sein Wesen von Grund auf. Als seine ersten Nachfolger sich ihm zaghaft näherten, lud er sie gleich ein zu sich nach Hause. Und dort verbrachten sie den ganzen restlichen Tag. Das ist ein Ausdruck von großer Freundlichkeit. In Jesus wohnte sanfte Menschenfreundlichkeit Gottes. Zumindest behauptet das Paulus. Und ich glaube ihm.

Die Menschen, die Jesus leibhaftig erlebten, die hatten Gottes Freundlichkeit tatsächlich vor Augen. Das ist bei mir natürlich anders. Aber ich kann mir diesen Satz von Paulus an unseren Spiegel im Badezimmer hängen. Dann werde ich morgens nicht nur von meinem zerknitterten Gesicht begrüßt. Sondern auch von der Tatsache: Gott ist ein freundlicher Herr. Und seine Menschenfreundlichkeit ist mit Jesus erschienen.

Autor/-in: Steffen Brack

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