23.08.2024 / Bibel heute

Die Heilung eines besessenen Knaben

Und sie kamen zu den Jüngern und sahen eine große Menge um sie herum und Schriftgelehrte, die mit ihnen stritten. Und sobald die Menge ihn sah, entsetzten sich alle, liefen herbei und grüßten ihn. Und er fragte sie: Was streitet ihr mit ihnen?[...]

Markus 9,14–29

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Gerade hatten sie einen schönen Tag erlebt. Die Sonne schien und der Ausblick war herrlich. Es hatte sich gelohnt, den Gipfel des Berges zu erklimmen. Die Stille und die Einsamkeit in der Bergwelt taten so gut. Aber schließlich machen sie sich wieder auf den Rückweg. Im Tal angekommen, ist es mit ihrer idyllischen Bergwelt bald vorbei. Sie hören den Lärm der befahrenen Straße und sehen Menschen, die sich hektisch bewegen mit aufgeregten Stimmen. Sie spüren förmlich die Unruhe, die hier unten herrscht.

So war es dem engsten Kreis der Jünger um Jesus gegangen. Die drei, Petrus, Jakobus und Johannes waren mit ihm auf einem Berg. Sie nennen ihn später den Berg der Verklärung. Dort steht ihnen der Himmel offen. Für ein paar Augenblicke erleben sie Jesus Christus im Lichtglanz seiner Herrlichkeit und Gottes Gegenwart ist zum Greifen nahe. Aber dann müssen sie zurück ins Tal. Kaum sind sie unten angelangt, erleben sie das genaue Gegenteil einer beglückenden Gottesbegegnung. Denn hier unten ist der Teufel los. Was für ein Kontrast. Ein junger Mann wird ihnen vorgeführt, der vom Teufel besessen ist. Was für Welten prallen hier aufeinander?

Und dabei erfuhren die anderen neun Jünger, die nicht mit Jesus auf dem Berg waren, ihre Machtlosigkeit. Verschüchtert und verstört stehen sie da und leiden unter ihrem Versagen. Und darin entdecke ich mich selbst, denn:

1. Ich versage immer wieder!

Dann erlebe ich, wie schnell ich mit meinen Möglichkeiten am Ende bin. Ich erfahre meine Ohnmacht, wenn ich nicht helfen kann. Und wie oft geht es mir so im Blick auf andere, aber auch auf mich selbst.

Erinnert mich der Kranke nicht an die Kräfte, die aus meinem eigenen Inneren kommen und drohen mich zu zerstören? Und die ich selbst nicht bannen kann? Hier wird uns doch einer vor Augen gestellt, der seiner selbst nicht mehr mächtig ist. Eine fremde gottwidrige Macht hat ihn im Griff und will ihn um sein Leben bringen.

Und das setzt die Heilige Schrift voraus, dass es diese Teufelsmächte und Dämonen gibt. Wir sollten es ernst nehmen, wenn die Bibel von Besessenheit spricht.

Und wie unfrei wir eigentlich sind, das kennen wir doch aus eigener Erfahrung, auch wenn wir nicht besessen sind. Aber wie können uns selbstzerstörerische Gedanken, Fantasien und Handlungen beherrschen und uns die Luft zum Leben rauben.

Zeigen uns diese „Dämonen“ nicht unsere Verlorenheit und wie wenig wir dagegen ausrichten? Wie oft gleichen wir hilflosen Helfern, die gegen die lebensfeindlichen Mächte in uns und bei anderen nicht ankommen. Und darum können wir uns gut vorstellen, was dann in einem vorgeht.

Wie müssen sich die Jünger gefühlt haben? Da stehen sie nun in der Ecke, die neun Jünger, als Jesus mit den anderen drei vom Berg kommt. Blamiert kommen sie sich vor. Deprimiert stehen sie da. Denn ihre Gebete blieben unerhört. Der Spott der Welt blieb nicht aus. Das habt ihr nun von eurem Glauben an den Messias Jesus Christus! Seht es endlich ein, dass ihr euch getäuscht habt!

Wir kennen vielleicht selbst solche Momente, in denen wir den Spott anderer über uns ergehen lassen müssen. Das kann uns noch mehr schmerzen als die Erfahrung der eigenen Hilflosigkeit.

Und wenn wir es spüren, dass wir es mit einer Macht zu tun haben, die größer und stärker ist als wir selbst. Das birgt die Gefahr, dass wir resignieren. Man muss es eben nehmen, wie es kommt. Wir kapitulieren vor dem scheinbar Faktischen. Wir ändern doch nichts. Aber haben wir vergessen, wer die Macht hat? Dass Jesus Christus auferstanden ist und seit Ostern die Mächte des Todes und der Hölle besiegt sind? Der Auferstandene will inmitten meiner Ohnmacht durch seine Vollmacht mit mir zum Ziel kommen. Ja, es ist wahr: Ich versage oft. Aber:

2. Jesus versagt nie!

Das ist ein Geheimnis: Meine Ohnmacht und seine Allmacht wirken zusammen. „Mit unsrer Macht ist nichts getan. Wir sind gar bald verloren. Es streit´ für uns der rechte Mann, den Gott hat selbst erkoren“.

So schreibt Martin Luther in seinem berühmten Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ zu Psalm 46. Und hier kommt zusammen, was zusammengehört: Unsere menschliche Ohnmacht und die Vollmacht von Jesus Christus.

Denn er streitet für uns. Und wie Jesus für uns gestritten hat! Mit seinem Blut hat er uns befreit von der Macht Satans und der Herrschaft der Sünde. Freiwillig hat er auf den Gebrauch seiner göttlichen Allmacht verzichtet und sich für uns ans Kreuz schlagen lassen. So sehr wird der Sohn Gottes einer von uns, dass er es am eigenen Leib erfährt, ohnmächtig zu sein. Aber in seiner Ohnmacht am Kreuz liegt der größte Sieg. Die Stunde größter Erniedrigung wird zur Stunde des größten Triumphes. Sein Tod hat dem Tod die Macht genommen und die Höllenmächte gebunden.

Denn wo Jesus ist, hat der Tod ausgespielt. Wo Christus auf den Plan tritt, hat der Teufel verloren. Das wird uns nun vor Augen geführt. Ein Vater hat seinen Sohn wieder, denn er wird nicht länger vom Teufel geritten, weil Jesus Christus alle Macht hat im Himmel und auf Erden.

Damit wir das erkennen, deshalb steht dieser Bericht in der Bibel. Damit fragt Jesus Christus auch nach unserem Glauben. Deshalb steht im Mittelpunkt dieser Heilungsgeschichte nicht das Wunder an für sich, sondern der Glaube: „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.“

Das sagt Jesus nicht nur dem Vater in der damaligen Not. Das gilt auch uns. Wir, die wir oft versagen, aber wissen können: Jesus versagt nie. Und:

3. Jesus weckt unseren Glauben!

Er schafft in uns, was wir selbst nicht können. Denn dieser Glaube, der Gott alles zutraut, ist keine Möglichkeit des Menschen. Er ist niemals unsere Leistung und deshalb auch kein sich aufschwingen des Menschen über die eigene Natur hinaus. Aber wir können ihn in all unserer Glaubensschwachheit erbitten und dann doch damit rechnen, dass Jesus Christus ihn in uns wirkt. Wenn wir uns nur an ihn richten.

Denn dass wir uns an ihn wenden, das macht den Unterschied. Und da beginnt eben das Vertrauen zu Jesus Christus, der Glaube. Zu ihm will ich rufen: „Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“

Autor/-in: Wolfgang Hoppstädter