27.05.2022 / Wort zum Tag

Die Gemeinde ist wie ein Chor – sing mit!

Wenn jemand dient, tue er’s aus der Kraft, die Gott gewährt.

1. Petrus 4,11

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In einem Chor mitsingen – das tun viele Menschen gern. Sie bringen wortwörtlich ihre eigene Stimme ein. Die eigene Stimme vereinigt sich mit den Stimmen der anderen zu einem gemeinsamen Klang – wenn man gut geübt hat, zu einem harmonischen Zusammenklang. Daran freuen sich nicht nur die Sängerinnen und Sänger selbst. Es freuen sich auch die, die zuhören. Wer im Chor mitsingt, erlebt sich so in vielfacher Weise mit anderen verbunden. Und gerade dann, wenn der Chor ein Lied zum Lob Gottes singt, wird auch die Verbindung „nach oben“ erfahrbar, zu Gott. Meine Frau ist eine begeisterte Chorsängerin. Sie erinnert sich gern an bestimmte Momente bei der Aufführung von Chorwerken - da hat sie sich fast wie im Himmel gefühlt.

Singen im Chor – das ist ein gutes Bild für das Mitwirken von Christen in ihrer Gemeinde. Denn sich zu engagieren in einer christlichen Gemeinschaft - das hat vieles gemeinsam mit Chorgesang: Man bringt die eigenen Talente ein, doch nicht „solo“, sondern zusammen mit anderen, und um anderen damit Freude zu machen und ihnen zu dienen – und auch, um Gott damit zu dienen und zu ehren.

Dass es diese Parallele gibt zwischen Singen im Chor und Wirken in der Gemeinde – darauf hat mich der Lehrtext der Herrnhuter Brüdergemeine gebracht: Im 1. Petrusbrief, Kapitel 4, Vers 11, werden Christen ermahnt: „Wenn jemand dient, tue er´s aus der Kraft, die Gott gewährt.“

Das Wort, das die Lutherbibel mit „gewähren“ wiedergibt, heißt im griechischen Urtext der Bibel „choregeo“. Auch wer kein Griechisch kann, hört: Darin steckt „Chor“. Das Wort hat seinen Ursprung in der griechischen Theaterkultur des Altertums. An einem klassischen griechischen Drama wirkte neben den Schauspielern auch ein Männerchor mit. Er kommentierte mit seinen Gesängen das Geschehen auf der Bühne.

Es galt als eine Bürgerehre, so einen Chor für die Proben und Auftritte zu finanzieren und zu verköstigen. Und eben dies zu tun, nannte man „choregeo“.

Im Bibelvers erscheint Gott als der Unterstützer des Chors der Christen. Er macht es ihnen möglich zu wirken. Er gewährt ihnen die Kraft dazu. Er schenkt ihnen ihre Talente, dass sie sich mit anderen für andere einsetzen können.

Es ist gut, wenn Christen sich so verstehen: als Mitglieder eines Chores, den Gott befähigt. Das ist besser, als wenn der Einzelne denkt: „Ich bin ein Solist, der seine Kraft aus sich selbst schöpft. Und der mit seiner Leistung vor anderen glänzen und andere übertreffen muss.“

Ich weiß: Sich als Solist verstehen – das entspricht mehr dem heutigen Zeitgeist. Doch bin ich überzeugt: Im Chor wirken – das ist letztlich schöner. Weil Gott uns nun einmal für Beziehungen geschaffen hat: Für die Beziehung zu ihm, der uns Kraft und Talente schenkt. Und für die Beziehung zu anderen, für die wir uns einsetzen sollen. Es ist wunderbar zu erfahren: Wir empfangen Gaben von Gott und setzen sie ein für andere, dienen ihnen, helfen ihnen damit weiter.

„Wenn jemand dient, tue er´s aus der Kraft, die Gott gewährt.“ Wie wäre es, eine Aufgabe zu beginnen mit einem Gebet wie diesem? „Gott, ich danke dir für die Fähigkeiten, die du mir schenkst. Gib mir jetzt die Kraft und das Geschick, sie einzusetzen, mit anderen Menschen zusammen und für andere Menschen - und Dir zur Ehre. Amen."

Autor/-in: Pastor Martin Knapmeyer