06.03.2024 / Bibel heute

Die Frage nach Jesu Vollmacht

Und sie kamen wieder nach Jerusalem. Und als er im Tempel umherging, kamen zu ihm die Hohenpriester, Schriftgelehrten und Ältesten und sprachen zu ihm: Aus welcher Vollmacht tust du das? Oder wer hat dir diese Macht gegeben, dass du das tust? Jesus aber sprach zu ihnen: Ich will euch eine Sache fragen; antwortet mir, so will ich euch sagen, aus welcher Vollmacht ich das tue.[...]

Markus 11,27–33

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Die Prominenten der Jerusalemer Führungsschicht, die Priester und Schriftgelehrten, hatten gerade ein heftiges Erlebnis mit Jesus gehabt: er war schon in Jerusalem, die Tage der Passion hatten begonnen – und da ging Jesus in den Tempel und warf die Wechsler und Taubenkrämer aus dem Bethaus Gottes heraus.

Das war natürlich eine Provokation für die, die das alles erlaubt, wahrscheinlich sogar mitgemacht hatten. Wie kann der Mann so auftreten? Hat doch gar keine ‚Vollmacht‘, den Tempel zu beschützen, keine Vollmacht, das Wort Gottes so anzuwenden.... Wie kann der nur? Und so fragten sie ihn geringschätzig nach seiner Handlungsvollmacht, wie man einen Klinkenputzer an der Haustür fragen würde. Da könnte ja jeder kommen! Jesus wird nach seiner Vollmacht, seinem Auftraggeber und Auftrag gefragt. Die Situation in den Tagen der Passion wird immer brenzliger, seine Gegner wollen Jesus in seinen Worten fangen, aus denen sie ihm einen Strick drehen könnten. Mit einer scheinbar sachlichen, rechtlichen Frage zweifeln sie ihn total an, wollen ihm den Boden unter den Füßen wegziehen.

Aber Jesus lässt sie abblitzen. Und so überschreibe ich die Andacht im 1. Teil: Gott widersteht den Hochmütigen, und den zweiten Teil, was das für uns bedeuten kann: Den Demütigen gibt er Gnade!

Erster Teil: Gott widersteht den Hochmütigen

Ich sehe mir mit Ihnen zunächst im ersten Teil der Andacht die Situation an und frage, was hier wirklich vorgegangen ist, auch innerlich abgelaufen ist, und wie Jesus auf die aggressiven Worte der religiösen Prominenz reagierte.

Eigentlich hätte Jesus ja direkt antworten können: der Vater hat mich beauftragt, viele haben es vor drei Jahren gehört: „Dies ist mein lieber Sohn, den sollt ihr hören!“ Hätte Jesus offen bekannt, dass er Gottes Sohn ist, so hätten seine Feinde einen Grund gehabt, ihn bei der römischen Besatzungsmacht als Gotteslästerer anzuklagen.

Durchschaut!

Aber Jesus durchschaut sie und den vorgeschobenen Grund der scheinbar rechtlichen Frage nach der Vollmacht: sie stellen nämlich die Person des Herrn Jesus grundsätzlich in Frage, seine Gottheit und Berechtigung, für den himmlischen Vater aufzutreten. Sie wollen ihm eine Falle stellen und ihn öffentlich unglaubwürdig machen, seine Person und Auftrag grundsätzlich erschüttern.

Jesus erkennt ihre ungläubige, geringschätzige, hochmütige Herzenshaltung!

Die Reaktion von Jesus

Und Jesus nimmt seine Person aus dem Gesprächsinhalt heraus und lässt sie mit einer überraschenden Gegenfrage ins Abseits laufen: er lenkt von seiner eigenen Person ab und stellt den schon hingerichteten Johannes den Täufer in den Mittelpunkt: „Aus welcher Vollmacht hatte Johannes gehandelt?“, war seine Gegenfrage. Daran merke ich, wie unsicher sie sich ihrer Vollmachtsfrage waren, sonst hätten sie ja darauf beharrt: Antworte uns, Jesus, wir fragen doch nach deiner Vollmacht!

Nein, Jesus bringt sie damit aus dem inneren Gleichgewicht in einen peinlichen Zwiespalt! Und so taktieren sie: Wenn sie über Johannes gesagt hätten „Anmaßung, Lügenprophet...!“, dann hätten sie große Probleme mit dem Volk bekommen, bei dem Johannes ein hohes Ansehen genoss. Sie hätten sogar ihre Steinigung riskiert, wie es im Paralleltext im Lukasevangelium geschrieben steht.

Wenn sie die göttliche Beauftragung des Johannes akzeptiert hätten, dann hätten sie konsequenterweise auch seinen Satz damals über Jesus „Ich bin nicht genug, dass ich die Riemen seiner Schuhe auflöse (Markus 1, 7)“ ernst nehmen und die göttliche Hoheit von Jesus anerkennen müssen. Dagegen sträubt sich alles in ihnen. Menschenfurcht und Verunsicherung bestimmen ihre Antwort: wir wissen es nicht. Und nun zeigt Jesus, was es bedeuten kann, dass Gott den Hochmütigen widersteht: er gibt ihnen nämlich überhaupt keine Antwort! Er lässt sie im schönsten Jerusalemer Sonnenschein im Regen stehen.

Im zweiten Teil frage ich, was dies alles für uns heute bedeutet. Wenn ich mit den gleichen Fragen und Zweifeln, aber in Demut und Bescheidenheit zu Jesus komme, dann geschieht genau das Gegenteil!

Zweiter Teil: Den Demütigen gibt er Gnade!

Mit echten Fragen und Zweifeln darf ich mich an Jesus wenden. Wie die Jünger im Boot fragen: „Wer ist dieser, dass ihm Wind und Meer gehorchen...?“ Oder mit dem angefochtenen Vater bitten: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben (Markus 9, 24)!“

Ich gehe mit meinen Zweifeln und Anfechtungen zu Jesus; bin innerlich bereit, die Antworten Jesu, die Antworten der Bibel anzunehmen. Ich will nicht wie die Pharisäer und Schriftlehrten kommen: fordernd, abschätzig, aggressiv! Sondern ich komme wie ein Bettler, dass Gott mir gnädig ist und mir mehr von sich und seinem Wort aufschließt.

Das bedeutet Gnade!

So lässt mich Gott nicht im Regen stehen! Durch Predigten, Bibelstudium und Lebenserfahrung erkenne ich immer mehr, wer er ist, wie er es mit mir meint, wie er handelt, und dass Jesus Christus der auferstandene Herr ist.

Und Gott stellt mir Christinnen und Christen zur Seite, mit denen ich über Zweifel und Anfechtungen sprechen und Antworten bekommen kann. Mir ist es eine große Hilfe und innere Stabilisierung, seit etlichen Jahren einmal im Jahr die ganze Bibel zu lesen. Da wird mir immer Neues klar. Dazu können Sie auch den bibleserver auf bibleserver.com nutzen.

Und auch wenn ich noch nicht alle Fragen des Glaubens verstanden habe, lädt mich der auferstandene Herr Jesus Christus ein, mein ganzes Leben ihm anzuvertrauen. Ich lerne, auch mit offenen Fragen zu leben. Gott lässt mich eben nicht im Regen stehen. Und dann bekenne ich mit dem Apostel Petrus: „Du bist der Christus, des lebendigen Gottes Sohn  (Matthäus 16, 16)!“ Und mit dem Jünger Thomas rufe ich: „Mein Herr und mein Gott! (Johannes 20, 28).“

Autor/-in: Hubert Weiler