23.07.2024 / Bibel heute

Die Berufung der Zwölf

Und er ging auf einen Berg und rief zu sich, welche er wollte, und die gingen hin zu ihm. Und er setzte zwölf ein, die er auch Apostel nannte, dass sie bei ihm sein sollten und dass er sie aussendete zu predigen und dass sie Vollmacht hätten, die Dämonen auszutreiben.[...]

Markus 3,13–19

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Die Berufung der Zwölf - ein kurzer Abschnitt im Markusevangelium. Mein erster Gedanke war: Da steht ja gar nicht viel drin, was könnte ich darüber sagen? 

Aber beim zweiten Blick auf den Text musste ich meine Meinung ändern, denn eigentlich passiert eine ganze Menge, so zwischen den Zeilen gelesen. Gleich in Vers 13 heißt es: „und er ging auf einen Berg..."

Wichtige und tiefgreifende Ereignisse, von denen wir in der Bibel lesen können, fanden oft auf einem Berg statt. Mose empfing die 10 Gebote auf dem Berg Sinai, Abraham sollte seinen Sohn Isaak auf einem Berg opfern, Elia bekam auf einem Berg Anweisung von Gott. Berg der Verklärung, Bergpredigt, Berg Zion, Ölberg - diese Orte im Neuen Testament fallen mir spontan ein. Jesus selbst war auch gerne alleine auf einem Berg, um zu beten und mit dem Vater Gemeinschaft zu haben.

Oben auf einem Berg stehen oder sitzen, Einsamkeit und Ruhe erleben, die Aussicht genießen -- ein Geschenk für Körper, Geist und Seele.

Am Rande unseres Wohnortes gibt es einen kleinen Berg. Dort oben stehen zwei Bänke und ein großes Kreuz, errichtet in der Nachkriegszeit als Mahnmal zum Frieden. Hin und wieder mache ich mich auf den Weg dorthin. Von oben betrachtet wirken Autos und Eisenbahn klein wie Spielzeug, eine friedliche idyllische Stimmung scheint über den Häusern zu liegen. Abseits vom Verkehrslärm, von Getöse und Unruhe der Welt ist dies auch ein wunderbarer Ort zum Beten.

Ich kann mir gut vorstellen, wie Jesus nun auf dem Berg, fernab vom gewöhnlichen Trubel, seine Jünger um sich versammelte und aus dieser Schar zwölf Männer zu sich rief und sie zu Aposteln ernannte. Sie waren somit berufen und auserwählt zu einem besonderen Amt, jeder nach seinen eigenen Begabungen, was aber keineswegs eine höhere gesellschaftliche Stellung, Ehre, Macht oder Reichtum bedeutete. Diese Zwölf sollten nah an Jesus bleiben, eng mit ihm verbunden, von ihm lernen, bis sie dann bereit wären, vollmächtig zu predigen, zu heilen und Dämonen auszutreiben. Also kein privilegiertes Leben war zu erwarten, sondern eher die Aussicht auf Anfeindung, Verfolgung, Gefängnis, Tod. Rein menschlich gesehen jedenfalls.

Im Reich Gottes wird aber anders gerechnet. Da werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein. Und:  Der Größte unter euch soll euer Diener sein. So kann man es bei Markus und Matthäus nachlesen.  Nicht der Tod ist der Lohn der Nachfolge, sondern ewiges Leben in Gottes Herrlichkeit!

Wer waren denn nun eigentlich diese zwölf Apostel genau? Zuerst wird Simon genannt, der den Zusatznamen Kephas, bzw. Petrus erhält. Das bedeutet übersetzt „Fels". Jesus selbst sagte ihm zu: “Du bist Simon. Aber ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen.“ Über Simon Petrus erfahren wir relativ viel im Gegensatz zu den anderen Aposteln. Er war wohl recht selbstbewusst und überzeugt von seiner Stärke, schlagkräftig mit der Zunge und teilweise auch mit dem Schwert, Zusammenhänge im geistlichen Bereich konnte er schnell ausdrücken. So bekannte er auch Jesus: „du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!“. Als er an einem Tiefpunkt seines Lebens plötzlich erkennen musste, dass er soeben Jesus, seinen geliebten Herrn, dreimal verleugnet hatte, weinte er bittere Tränen. Ein Mensch mit Ecken und Kanten. Raue Schale, weicher Kern. Kommt uns das vielleicht bekannt vor? Jesus hat wohl aber die Führungseigenschaften wahrgenommen, die Petrus hatte. Felsenfest. Daher vertraute er ihm auch „die Schlüssel des Himmelreichs" an. So hatte Simon Petrus also eine Schlüsselrolle innerhalb dieser Gruppe.

Zusammen mit seinem Bruder Andreas und dem anderen Brüderpaar, Jakobus und Johannes, den sogenannten „Donnersöhnen“, gehörte er zu den ersten Jüngern, die Jesus aufforderte: „Folgt mir nach!“

Johannes wurde ein ganz persönlicher Freund Jesu, er wird erwähnt als „der Jünger, den Jesus liebhatte“. Vermutlich waren die beiden einander sehr nah in gegenseitigem Verständnis, im Denken und Empfinden. Herzensfreunde auf gleicher Wellenlänge, so könnte man wohl sagen.

Weiter gehören in diesen Kreis noch Philippus und Bartholomäus und Matthäus und Thomas und Jakobus, Sohn des Alphäus, und Thaddäus und Simon Kananäus und Judas Iskariot. Eine bunt gemischte Truppe aus verschiedenen Orten um den See Genezareth.

Von Beruf waren sie Fischer und Handwerker, gute soziale Mittelschicht sozusagen. Matthäus war ein ehemaliger Zöllner gewesen. Jeder brachte seine ganz eigene Lebensgeschichte, eigene Gedanken und Vorstellungen mit, und ganz persönliche Wesenszüge und Eigenschaften. Sorgen, Ängste, Zweifel, Eifersucht, Zank und Streit, Ärger, Wut, Enttäuschung…. all das war ihnen nicht fremd.

Bei Judas Iskariot führten wohl solche Gefühlsregungen so weit, dass er Jesus verriet. Und Jesus wusste das! Er wusste schon lange davor, dass es so kommen würde. Trotzdem hat er ihn in den besonderen Apostelkreis berufen, genauso wie all die anderen Jünger mit ihren Licht- und Schattenseiten.

Genauso möchte Jesus uns Menschen der heutigen Zeit mit all unseren Stärken und Schwächen in seiner Nähe haben, in seine Nachfolge rufen. Das erstaunt mich immer wieder und bewegt mich in der Tiefe meines Herzens. Der große, lebendige Gott kann uns kleine fehlerhafte Menschen gebrauchen. Licht- und Schattenseiten gibt es ja in jedem von uns, ohne Ausnahme.

In diesem kurzen Abschnitt der Bibellese sind mir drei Punkte wichtig geworden:

Autor/-in: Margit Weigelt