18.07.2016 / Wort zum Tag

Die Barmherzigkeit des HERRN hat noch kein Ende

Die Barmherzigkeit des HERRN hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu und deine Treue ist groß.

Klagelieder 3,22–23

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Sollen wir unsere Kirche verkaufen? An eine Kaufhauskette? Sie können sich das leicht vorstellen: Am Eingang die Registrierkassen, am Altar der Getränkemarkt, die Unterwäsche auf der Orgel, und damit die Schwarzarbeiter auch kommen, im Gemeindesaal der Baumarkt. Ich sehe auch in nächster Nähe immer mehr Gemeinden, bei denen im Winter die Kirche leer ist. Der Gottesdienst findet im Foyer statt oder im Gemeindehaus, weil man Heizung sparen will. Manchmal legen Gemeinden auch ihren Gottesdienst zusammen, nehmen einen VW-Golf und fahren die gesamte Gemeinde in einer Tour in den Gottesdienst der Nachbargemeinde. Nach dem Motto: „Liebster Jesu, wir sind vier.“

Sie wissen, dass ist leider eine Karikatur. Aber nur zum Teil. Sie wissen auch, dass in manchen norddeutschen Gemeinden Gottesdienste einfach ausfallen müssen, weil Pastor, Küster und Organist allein sind. Die Kirchensteuer macht es möglich, dass die Kirchen noch der Kirche gehören. Woanders ist es ganz anders. Da ist man schon weiter. Da werden Kirchen verkauft. Die müssen verkauft werden, weil sie niemand mehr unterhalten kann. In Holland habe ich einen Supermarkt in einer Kirche gesehen. Von daher stammt auch die Eingangsfrage, das war nicht die Schnapsidee eines Pastors. Der segnende Jesus im Fenster über der Tiefkühltruhe. Aus England weiß ich, dass Kirchen an andere Religionsgemeinschaften verkauft wurden, z.B. die Sikhs. Die haben jetzt ihren Tempel in einer ehemals christlichen Kirche.

Soll ich fortfahren? In Tallin besuchte ich eine Kirche, da hatte man eine geniale Idee und die Bänke umklappbar gemacht. Das heißt, die Kirche war auch ein Konzertsaal. Und nun saß man mit dem Rücken zum Altar und genoss die Musik.

Eine schönere Geschichte. In St. Petersburg gibt es eine riesige, schöne Kirche, die Isaakkathedrale. Die hatten die Kommunisten stehen lassen und darin war ein Museum des Atheismus. Aber wie das so geht: Gott hat den längeren Atem. Der Kommunismus ist weg, die Kirche steht und die Gläubigen kommen zuhauf in den Gottesdienst.

Aber insgesamt muss man leider sagen: „Das christliche Abendland ist am Ende.“ Ist es das? In der Bibel gibt es das Buch der Klagelieder. Wenn  ich diese Klagelieder Jeremias lese, kommen  mir die Tränen. Diese Klagelieder müssen kurz nach der Eroberung Jerusalems durch die Babylonier im Jahre 586 v.Chr. geschrieben worden sein. Es ist furchtbar. Nichts mehr mit Tempel und Gottesdienst. Die Zurückgebliebenen schreien zu Gott und seufzen und – haben Hunger. Die Jünglinge liegen erschlagen auf der Erde. Die Frauen sind vergewaltigt. Der ganze Rest leidet unfassbare Not. Und dann kommt ein Wort im Kapitel 3,22: „Die Barmherzigkeit des Herrn hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu und deine Treue ist groß.“ Wie geht das zusammen? Der Rest des Volkes ist in Babylon und hier ist nur Not. Ich habe im Herkunftswörterbuch nachgelesen, da heißt es unter dem Stichwort „Barmherzigkeit“: Jemand, der ein Herz für die Unglücklichen hat.

So ist das also: Gott ist immer noch da. Auch in der größten Verzweiflung. Er war da in Jerusalem, er ist da in Europa. Er hat ein Herz mit uns. Und er weiß auch Auswege, wo wir keine mehr sehen. Er hat die Juden aus Babylon wieder nach Jerusalem gebracht. 70 Jahre später. Er kann uns in Europa eine Erweckungsbewegung schenken. Bitte nicht erst in 70 Jahren. Egal, wann und wie: Jetzt sind wir dran. Jetzt müssen wir beten. „Schenke uns, Herr, eine Erweckung. Und schenke sie uns bald.“

Autor/-in: Pastor Bernd Bierbaum