05.03.2016 / Wort zum Tag

„Denn von selbst bringt die Erde Frucht...“

Jesus sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und aufsteht, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst – er weiß nicht wie. Denn von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre.

Markus 4,26–28

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„Von nichts kommt nichts!“ – Das meint der Volksmund schon seit langem zu wissen. Entsprechend engagiert und bisweilen verbissen arbeiten wir in unserer Leistungsgesellschaft, um etwas zu erreichen. Angeblich lacht das Glück ja dem Tüchtigen. Auch in den Kirchen und Gemeinden haben wir uns schon lange von dieser Haltung anstecken lassen. Wir entwerfen Konzepte, definieren und überprüfen Ziele und rackern uns dann ab, um diese Ziele zu erreichen. Nicht selten sind wir aber später frustriert, wenn wir merken, dass der Ertrag nicht dem Aufwand entsprochen und der Berg nur ein Mäuschen geboren hat. Wir fühlen uns wie der legendäre Sysiphos und beginnen immer wieder von vorne. Doch für den nächsten Anlauf finden wir selten eine andere Idee, als dass wir eben noch etwas härter arbeiten müssten. Dann werde der Erfolg ja sicher kommen, früher oder später. Dieses Denken scheint das unanfechtbare Credo unserer Zeit zu sein.

Das Wort zum heutigen Tag freilich hinterfragt dieses Credo. Ja, es scheint den Werten und Prinzipien der Leistungsgesellschaft sogar zu widersprechen. In Markus 4,26-28 erzählt Jesus das folgende Gleichnis: „Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und aufsteht, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst – er weiß nicht wie. Denn von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre.“ Diese Geschichte ist eine Zumutung für die Fleißigen und Tüchtigen. Wie sollen sie es denn aushalten, nicht aktiv zu sein, sondern geduldig und vertrauensvoll zu warten, bis von selber wird, worauf sie hoffen?

Allerdings muss sorgfältig bedacht werden, was Jesus mit seinem Gleichnis genau meint. Ich glaube nämlich nicht, dass er dazu auffordern will, die Hände in den Schoss zu legen. Er redet nicht der Faulheit das Wort. Aber er ermuntert zu mehr Vertrauen und zu mehr Gelassenheit. Wir können den Erfolg nicht aus eigener Kraft bewerkstelligen und garantieren. Und das müssen wir auch gar nicht. Wir sind vielmehr eingeladen, auf das Wirken Gottes, das all unser Tun und Verstehen übersteigt, zu vertrauen. - Wie entlastend das wäre und was für ein starkes Mittel gegen drohende Resignation, wenn ich Gott mehr zutrauen und ihm mehr Zeit zum Wirken geben könnte! Die Herausforderung ist also, darauf zu vertrauen, dass Gott zur gegebenen Zeit wachsen und reifen lässt, was ausgesät worden ist.

Etwas muss dabei klar gesagt werden: So wie es einseitig, ja falsch ist, alles aus eigener Kraft bewerkstelligen und bewirken zu wollen, ist es genauso falsch, sich gar nicht mehr engagieren zu wollen, weil ja sowieso nur Gott wachsen lasse, was eines Tages geerntet werden kann. Es geht eher darum, ein gutes Gleichgewicht zu finden. Ein Martin Luther zugeschriebenes Zitat bringt es ganz gut auf den Punkt: „Man muss beten, als ob alles Arbeiten nichts nützen, und arbeiten, als ob alles Beten nichts nützen würde.“ – In diesem Sinne wünsche ich Ihnen für heute ein überzeugtes und gelungenes Engagement in Ihren Aufgaben. Und gleichzeitig das gelassene Vertrauen, dass dank Gottes Wirken und Segen Ihr Engagement das bewirken kann, was wichtig ist. Denn Gott lässt wachsen und reifen. Und ihm ist zu verdanken, dass es immer wieder etwas zu ernten gibt.

Autor/-in: Pfarrer Daniel Eschbach