24.06.2019 / Wort zum Tag

Dem Leiden entgehen?

Jesus betete: Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir; doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!

Lukas 22,42

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Jahrelang war Jesus mit seinen Jüngern durchs Land gezogen. Er hatte den Menschen Freude bereitet, ihren Glauben geweckt, er hatte Hungernde gespeist, Kranke geheilt und Toten das Leben zurückgegeben. Dass man ihn dafür vor Gericht bringen und gar verurteilen würde, war für alle, die ihn begleiteten, unvorstellbar. Jesus aber wusste, was ihm bevorstand. Er würde leiden und sterben müssen. Er war von Gott dazu ausersehen, für die Sünde der ganzen Welt bestraft zu werden und mit seinem Tod den Willen Gottes zu erfüllen. Viele haben seither gefragt, ob es keinen anderen Weg gegeben hätte. Offensichtlich nicht, sonst hätte Gott anders gehandelt und Jesus hätte nicht so schrecklich zu sterben brauchen.

Das Ende seines Lebens wird auch Jesus bewegt haben. Als er wusste, dass sein Tod bevorstand, betete er: „Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir; doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe.“

Als Mensch war Jesus geboren worden. In Bethlehem war er aus der himmlischen Welt in unsere irdische hereingekommen. Seither lebte er wie jeder andere Mensch, aber mit Gott verbunden wie keiner vor und nach ihm. Jetzt, wo sein Ende nahe ist, wird deutlich, wie sehr er Mensch ist. Er ist uns so nahe, wir verstehen ihn. Wer sieht schon gern seinem Tod entgegen? Wie viele reagieren ähnlich, wenn sie spüren, dass ihr Ende bevorsteht. Auch die Bitten sind ähnlich: Kannst du mir nicht dieses Leid ersparen? Kannst du mir nicht diese Schmerzen nehmen? Kannst du nicht mein Leben noch verlängern? 

Lukas schreibt, dass Jesus während dieses Gebetes schwitzte und zwar so sehr, dass aus den Schweißtropfen Blutstropfen wurden. Es muss ihm gewesen sein, als reiche ihm jemand einen Giftbecher. Voller Inbrunst bittet er: Vater, wenn du willst, dann erspare mir den bitteren Kelch.

Dieser biblische Bericht, der wohl die schwärzeste Stunde im Leben Jesu beschreibt, lässt erkennen, dass Jesus wirklicher Mensch war. War schon seine Mensch- bzw. Fleischwerdung kaum zu verstehen, so bleibt auch schwer fassbar, dass dieser Gottes- und Menschenfreund so grausam sterben musste.

Auch der Koran spricht von Jesus, spart aber die Kreuzigung aus. Stattdessen wird behauptet, ein anderer sei an der Stelle Jesu gestorben. Der biblische Bericht sagt etwas anderes. Die Bitte Jesu, nicht leiden zu müssen, ist so verständlich. Wer bringt  in einer Stunde großer Gefährdung, den Tod vor Augen, die Kraft auf zu sagen: Himmlischer Vater, dein Wille geschehe. Für einige Christen wurde der leidende Jesus zum Vorbild.  Auch während der Hitlerzeit gab es Menschen, die standhaft blieben bis zur letzten Stunde.

Im April 1945 wurde Friedrich Justus Perels in Berlin aus seine Gefängniszelle gezerrt und von einem SS-Sonderkommando auf der Straße erschossen. Kurz vor seinem Tod schrieb er an seine Frau: „Heute, am Karfreitag, steht der ganze Trost des Kreuzes Jesu Christi unmittelbar vor unseren Augen. Das ist eine starke und ewige Gewissheit, dass er für unsere Sünden dahingegeben ist und dass wir durch seine Wunden geheilt sind. Diese Gewissheit gibt er uns und macht uns damit in der großen Trübsal fröhlich und reißt uns aus der Angst und Qual. Das erfahre ich hier in ganz reichem Maß. Und daran und an nichts anderes dürft  und sollt auch ihr euch halten.“

Autor/-in: Horst Marquardt