29.07.2024 / Andacht

Bin ich gut genug?

Warum es überflüssig ist, sich über die eigene Mittelmäßigkeit zu ärgern.

Ich erinnere mich gerne an meine schöne und behütete Kindheit, doch ich kenne auch Situationen, in denen ich mich „nicht gut genug“ gefühlt habe. Es hat mich traurig gemacht, wenn eine erwachsene Person mich – meist ungewollt – herabgesetzt hat. „Dafür bist du noch zu klein“ oder „Das kannst du nicht“, hieß es dann. Diese Sätze waren nicht böse gemeint und haben damals auch gestimmt, aber die kindlichen Emotionen haben sich schließlich in falschen Glaubenssätzen entwickelt.

Viele Menschen haben mit negativen Glaubenssätzen zu schaffen. In meiner Seelsorgearbeit erlebe ich täglich, dass sich Menschen „nicht gut genug“ fühlen. Die einen fühlen sich zu klein, andere zu dumm, zu dick, zu dünn oder zu schwach. Wenn überhaupt fühlen sie sich höchstens mittelmäßig, tendenziell aber eher minderwertig.

Wenn ich ihre Erzählungen höre, löst das immer einen Stich in meinem Herzen aus. Mir kommen dann Versprechen Gottes aus der Bibel in den Sinn, die das genaue Gegenteil ausdrücken:

„Von Anfang an war es sein unveränderlicher Plan, uns durch Jesus Christus als seine Kinder aufzunehmen, und an diesem Beschluss hatte er viel Freude. Deshalb loben wir Gott für die herrliche Gnade, mit der er uns durch den geliebten Sohn so reich beschenkt hat“ (Epheser 1,5-6).

„Ja, ich bin überzeugt, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch unsichtbare Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch gottfeindliche Kräfte, weder Hohes noch Tiefes, noch sonst irgendetwas in der ganzen Schöpfung uns je von der Liebe Gottes trennen kann, die uns geschenkt ist in Jesus Christus, unserem Herrn“ (Römer 8,38-39).

In solchen Situationen überlege ich mir, wie ich meinem Gegenüber mit der Wahrheit weiterhelfen kann. Die Bibel sagt so oft das Gegenteil von dem, was wir in unserer Gesellschaft als Wahrheit verkauft bekommen und was wir teilweise schon verinnerlicht haben.

Konkurrenz zum Mainstream

In der heutigen Medienwelt wird uns häufig vermittelt, wie wir sein sollen: perfekt bis ins Detail, in allen Bereichen. Dass das kein Mensch erfüllen kann, wird dabei gekonnt ignoriert.

Hier empfinde ich meine Überzeugung konträr zum Mainstream. Ich spreche meinem Gegenüber zu, dass es menschlich ist, sich unzulänglich zu fühlen und nicht alles unter Kontrolle zu haben. Und dass Gott einen anderen Plan hat:

Gott hat die Menschen dazu geschaffen, seine Kinder zu sein. Die Entscheidung, ob ich das annehme, liegt bei mir. Wenn Jesus mein Leben gehört, dann ist es völlig irrelevant, was ich kann oder wer ich bin. Durch Jesus steht mir Gottes Welt komplett offen. In seinen Augen bin ich nicht minderwertig oder mittelmäßig. Denn dann gilt: Wenn Gott mich ansieht, sieht er Jesus. Weil Jesus für all das, was ich nicht kann oder bin, bereits am Kreuz gestorben ist. Er sieht den Stellvertreter, meinen Stellvertreter, der alles vollkommen macht, was unvollkommen ist.

Meine eigene Wirklichkeit

Auch ich persönlich stoße oft an meine Grenzen. Dann bin ich mir selbst nicht genug, oder das, was ich kann, reicht nicht aus. Das macht mich wütend und unleidlich und ich verschwende wertvolle Lebenszeit mit Ärger, der völlig überflüssig ist. Das geht dann so lange bis mir jemand oder Gott selbst zeigt, dass ich mich gerade mal wieder verrenne.

Es wird Zeit, innezuhalten und das anzunehmen, was ich habe und wer ich bin. Was Gott mir zuspricht und über mich sagt. All das gelingt jedoch leider nicht auf Knopfdruck, sondern ist ein Prozess, der mir oft nicht schnell genug geht.

Befreiende Aussicht

Ich bin Gott unendlich dankbar, dass er so geduldig mit mir und uns Menschen ist. Für ihn zähle in erster Linie ich als Person und nicht das, was ich kann oder nicht kann. Es ist ein so beruhigender Gedanke, dass ich mittelmäßig zu Gott kommen darf, weil ich einen vollkommenen Vater im Himmel habe, der das, was mir fehlt, mit Liebe auffüllt. Der mich immer wieder an die Hand nimmt und mich in der Beziehung zu ihm reifen und wachsen lässt.

Kennst du diese bedingungslose Annahme Gottes? Bist du im Prozess, dich von Gott in deinem Denken verändern zu lassen? Wenn nicht, möchte ich dir Mut machen, dich darauf einzulassen.

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