26.05.2019 / Wort zum Tag

Beten - beim dreifaltigen Gott wohnen

Wenn du betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.

Matthäus 6,6

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Heute feiern wir den Sonntag Rogate – Betet!

Wir beten ja wahrscheinlich alle irgendwie. Aber warum und wozu beten wir eigentlich? Was tun wir da eigentlich genau, wenn wir beten?

Höhepunkt und vorläufiger Schlusspunkt der Heilsgeschichte Gottes sind ja Christi Himmelfahrt und Pfingsten. Jetzt hat sich der Schöpfer Himmels und der Erden endgültig als dreifaltiger Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist offenbart. Darüber hat Jesus seine Jünger drei Jahre lang ausführlich informiert. Nun steht uns Gottes Welt offen. Wir dürfen jetzt in einer tiefen Gemeinschaft mit diesem dreifaltigen Gott leben, unterwegs sein, denken und wirken, arbeiten und dienen.

Und zu dieser Gemeinschaft gehört– neben vielem anderen – ganz wesentlich auch das Gebet. Damit meine ich das unkomplizierte und vertrauensvolle Gespräch mit Gott, das Reden und Hören in göttlicher Gemeinschaft.

Jesus gibt uns dazu viele interessante Hinweise. Zum Beispiel in unserem Tageswort:

«Wenn du betest, so geh in dein Kämmerlein und schliess die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.»

Und Jesus erklärt danach noch sehr beeindruckend, es käme gar nicht auf viele Worte und lange Gebetszeiten an, wie sich das die frommen Heuchler und Heiden ausdenken und ausrechnen würden (V.5+7). Vielmehr sollen wir uns in eine ruhige Atmosphäre zurückziehen und – geborgen wie in einer Familie – vertrauen, dass uns der himmlische Vater liebend gerne zuhört. Denn, so sagt Jesus: «Euer Vater weiß, was ihr bedürft, sogar ehe ihr darum bittet. Deshalb betet ‘Unser Vater im Himmel, dein Name werde geheiligt, dein Reich komme, dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel.» (V.8ff)

Demnach ist Beten ein vollkommenes Eins-Werden mit dem dreifaltigen Gott.

Es geht nicht primär um die Lösung von Problemen in meinem Sinn. Es geht vielmehr um das Erkennen, was der Vater schon weiß und was das für mich bedeuten könnte. Also um ein Lauschen und Vernehmen, was Gott schon weiß, denkt und vorhat, längst bevor ich zu beten beginne.

Beten ist Ausdruck einer tiefen, vertrauensvollen Liebesbeziehung, wie sie uns Jesus vorgelebt hat. So betete er selber: «Nicht mein, sondern Dein Wille geschehe!»

Jede «Gebetsmethode» oder «Gebetstechnik» würde dieses «Geheimnis der Liebe» zerstören. «Beten im Namen Jesu» ist keine religiöse Pflicht, sondern das Privileg, in «familiärer» Gemeinschaft mit Gott zu leben! Also mitten im Alltag mal wieder die Türen schließen, ruhig werden und «im Verborgenen» ganz intim mit Gott reden.

Ja, wenn ich bete, nehme ich am Gespräch teil, das schon seit der Schöpfung als innergöttliche Gemeinschaft stattfindet. Da redet Jesus mit dem Vater, der Vater mit dem Sohn und der Heilige Geist mit dem Vater und dem Sohn – und dann auch mit mir. So wie es Paulus einmal erlebt hat, als er Gott sagen hörte: „Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft wirkt auch dann, wenn du schwach bist.“ (2.Kor.12,9)

Dieses Geheimnis der Dreifaltigkeit will nicht begriffen, sondern angebetet werden.

Seit Himmelfahrt und Pfingsten glauben Christen daran, was Jesus versprochen hat: «Wer mich liebt, der wird mein Wort halten und mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen.»

Der Sonntag Rogate lädt ein, meine Biografie und aktuelle Situation im vertraulichen Gespräch mit Gott durchzudenken. Und dann kann ich den Frieden empfangen, der tiefer wirkt als Vernunft und Erfahrung. Denn Jesus betet ja für uns: «Vater, ich will, dass wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, ich in ihnen und du in mir.» (Joh14,23;17,23ff)

Autor/-in: Pfarrer i. R. Peter W. Henning