17.05.2023 / Andacht

Bestimmt meine Vergangenheit meine Zukunft?

Ein etwas anderer Blick auf das »Gebet des Jabez«

Wen sehen Sie eher in einer Führungsposition: eine Chantal oder eine Elisabeth? Einen Kevin oder einen Arthur? Auch wenn es sich um Klischees handelt: Der Name einer Person beeinflusst massiv die Erwartungen, die das Umfeld an diese Person hat. Er kann sich negativ auf die Schulnoten und später auf die Karriere auswirken – das wurde wissenschaftlich untersucht und bestätigt.

Möchten Sie »Schmerz« heißen?

Schon in der Bibel gibt es ein Beispiel eines solchen Falls: »Und Jabez war angesehener als seine Brüder; und seine Mutter gab ihm den Namen Jabez, denn sie sagte: ›Mit Schmerzen habe ich ihn geboren‹« (1.Chronik 4,9).

Der Name Jabez bedeutet »Er bereitet Schmerzen«. Würden Sie gerne so heißen? Sicher war Jabez nicht das einzige Kind, das unter großen Schmerzen geboren wurde. Aber für seine Mutter war dieses Erlebnis so einschneidend und negativ, dass sie ihren Sohn mit diesem Namen quasi brandmarkte. Im damaligen Israel spielten Namen eine noch wichtigere Rolle als heute. Ein guter Name war ein Segen für den Träger, ein schlechter ein Fluch.

Jabez grenzt sich ab

Erstaunlich ist, wie Jabez mit diesem Fluch umgeht: »Und Jabez rief zu dem Gott Israels und sprach: O dass du mich reichlich segnen und meine Grenze erweitern wolltest und deine Hand mit mir wäre und du mich vor dem Übel bewahrtest, damit mich kein Schmerz trifft! Und Gott ließ kommen, was er gebeten hatte« (1.Chronik 4,10).

Der Mann, der Schmerzen bereitet hat, bittet Gott, ihn vor Schmerzen zu bewahren. Mehr noch: Er bittet ihn um ein gelingendes Leben, um Wohlstand und Bewahrung. Wie reagiert Gott? Es heißt ganz simpel: »Und Gott ließ kommen, was er gebeten hatte.«

Tolle Sache! Ob ich auch mal so ein Gebet formulieren und abwarten sollte, was passiert? Tatsächlich sind ganze Bücher über diesen einen Vers geschrieben worden – als ob das Gebet des Jabez eine Zauberformel wäre.

Aber hat Jabez sein Gebet wirklich formuliert, weil er reich und berühmt werden wollte und ein unbequemes Leben scheute? Oder vielmehr deshalb, weil er seine Vergangenheit nicht länger über seine Zukunft bestimmen lassen wollte? Weil er Gott darum bat, den Fluch seines Namens aufzuheben? Ich tendiere zu letzterem.

Was mache ich damit?

Jabez hat sich bewusst von seiner Vergangenheit abgegrenzt. Die Lehre, die ich aus diesen zwei kurzen Versen ziehe, ist folgende: Es ist meine Entscheidung, wie weit ich meine Vergangenheit über meine Zukunft bestimmen lasse.

Dabei geht es mir nicht primär um den Namen, den meine Eltern mir gegeben haben. (So manchen Kollegen oder Freund kenne ich tatsächlich bei einem anderen Namen, als in der Geburtsurkunde steht.) Es geht mir vielmehr um meine Prägung und darum, wie Eltern und andere Bezugspersonen mein Leben beeinflusst haben.

Woran denke ich, wenn ich an Elternschaft, an Bezugspersonen denke? Denke ich an Ermutigung oder an Entmutigung? An Zugewandtheit oder Ablehnung? Und falls ich selbst schon Kinder habe: Wie gehe ich mit ihnen um?

Kann ich sie annehmen, wie sie sind – mit all ihren Stärken und Schwächen? Gebe ich ihnen den Freiraum, sich ihrem Wesen gemäß zu entwickeln, auch wenn ich vielleicht so manchen eigenen Traum für ihre Zukunft begraben muss?

Nicht meine Schuld, aber meine Verantwortung

Erwachsenwerden bedeutet, das Leben in die eigene Hand zu nehmen. Erwachsensein heißt, die Verantwortung für mein Leben auch wirklich wahrzunehmen. Selbst zu entscheiden, wie ich es gestalten möchte. Mich abzugrenzen von dem, was andere in mein Leben hineingesprochen haben. Es ist nicht meine Schuld, wie andere früher mit mir umgegangen sind. Aber es ist meine Verantwortung, was ich heute daraus mache!

Jabez hat sich mit Gottes Hilfe bewusst von seiner Vergangenheit gelöst und in die Zukunft gesehen. Sicher hat er dabei nicht die Hände in den Schoß gelegt und darauf gewartet, dass Gott alles vom Himmel fallen lassen würde. Nein, er hat Gottes Segen erbeten und ist dann sein Leben angegangen. Das finde ich nachahmenswert – nicht nur für Jabez, Chantal und Kevin, sondern auch für mich!
 

Autor/-in: Theresa Folger

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