05.08.2022 / Wort zum Tag

Bärenstark!

Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.

2. Timotheus 1,7

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Manche Bibelworte rühren mich besonders. So wie der Lehrtext der Herrnhuter Brüdergemeine heute, ist er doch der Konfirmationsspruch meiner Frau aus dem zweiten Timotheusbrief im ersten Kapitel, Vers 7: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ Furcht! Ein einziges Wort reicht Paulus für die düstere Macht, die unsere Welt umgreift und uns Menschen beherrscht! Wer kann die drohende Klimakatastrophe aufhalten, wer die Coronaviren in den Griff bekommen? Und wer kann die Ukrainekrise lösen? Das alles macht uns schon Angst und noch viel mehr. Wenn wir auf unsere bescheidenen Möglichkeiten sehen, dann gilt doch in abgewandelter Form noch immer Luthers tiefe Erkenntnis: „Mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren...“

Paulus lenkte lange vor Luther den Blick seines Timotheus auf Gottes Geist, der doch auch uns durchdringen will: ‚Wir haben keinen Geist der Furcht, sondern der Kraft’: Vor meinem inneren Auge sehe ich das Bild eines Bären, wie er früher durch die deutschen Wälder trollte. Er war der Stärkste, der nichts und niemanden fürchten musste. Er hatte keine Angst, weil er keinen Stärkeren kannte, der ihm hätte Furcht einflößen können. Wie ein Bär kann daher ein Christ in der Kraft Gottes durch sein Leben trollen: bärenstark!

‚Wir gehorchen nicht mehr dem Geist der Furcht, sondern dem der Liebe!’ Voller Liebesglut – wie ein glühender Ofen, so Luther – stehen mir zwei Liebende vor meinem inneren Auge. Sie halten sich mitten im Bombenhagel und Gefechtslärm eines Krieges fest umschlungen, als wären sie allein auf der Welt. Die Glut ihrer Liebe durchstrahlt sie und vereinigt sie innig! Der Mantel der Liebe umhüllt sie inmitten des Chaos, das um sie herumtobt.

Wir haben keinen Geist der Furcht, sondern der Besonnenheit.’ Martin Luther hatte dafür das alte Wort „Zucht“ gewählt. Heute ist es verpönt, klingt damit doch Düsteres wie Zuchthaus, Züchtigung oder die angestaubte Rede von der „Zucht und Ordnung“ an. Das erinnert an alte Erzählungen von Schulmeistern, die mit dem Rohrstock durch die Reihen ihrer Schüler schritten und mit Schlägen für eiserne Disziplin sorgten.

Solche Zucht und Ordnung war niemals die Sache von Jesus! Er blieb in allem besonnen! Seine Gottesnähe gab ihm Abstand von jeder Panik und barg seine Seele in Gott. Nichts ließ er zwischen sich und den Vater kommen. So blieb er stark, in Liebe verbunden und daher voll bei Sinnen! Mit dem Vater verbunden mochte kommen, was wollte, auch das Schwerste: Verwerfung, Kreuz und Tod! Selbst in seinem letzten Schrei: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ betete er noch mit Worten des 22. Psalm.

Durch den Glauben an Jesus wurden doch auch seine Jünger stark, bärenstark! Ihr Jesus hatte die drei großen Mächte der Furcht überwunden: Sünde, Tod und Teufel! Im Glauben fürchten auch wir die Irre nicht mehr, die Leben stört, behindert oder gar beschädigt! Wir fürchten den Tod nicht mehr, selbst wenn stirbt, was uns groß, wert und wichtig ist. Und schließlich fürchten wir die Macht des Bösen nicht mehr, der zerstören will, was uns heilig ist! Im Glauben an sein Leben!

Das haben wir mit Paulus der Furcht entgegenzusetzen: Den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit: Kraft, dem Bösen zu widerstehen, Liebe, Trennungen zu überwinden und Besonnenheit, um das rechte Maß zu finden.

Autor/-in: Pastor Dr. Georg Gremels