30.03.2019 / Wort zum Tag

Ausführungsbestimmungen

Du sollst der Menge nicht auf dem Weg zum Bösen folgen.

2. Mose 23,2

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Preisfrage: Wo finde ich eigentlich in der Bibel die 10 Gebote? Ein bisschen Lebenshilfe gefällig? Die 10 Gebote finden wir im Alten Testament, und zwar gleich zweimal: 2. Mose 20 und 5.Mose 5. Das kann man sich auch ohne Google merken. Was aber selbst vielen Bibelkennern gar nicht so bekannt ist: es existieren dazu noch einige interessante und praktische  – sagen wir mal ruhig – Ausführungsbestimmungen. Eines davon ist das Bibelwort aus 2. Mose 23 - dort heißt es: „Du sollst der Menge nicht auf dem Weg zum Bösen folgen!“

Daraus spricht die bittere Erfahrung, die Mose am Sinai mit dem Volk Gottes gemacht hat. Während seiner kurzen Abwesenheit begannen sie aus  Langeweile - oder was auch immer -  den berühmten Tanz ums goldene Kalb. Um einen toten, selbstgemachten Götzen kreisen, statt dem lebendigen Gott zu folgen!

Nur damals? Auch heute sind Menschen offenbar nicht davor gefeit, Mitläufer auf bösen Wegen zu sein oder zu werden. Hier gibt es eine klare biblische Ansage: Du sollst da nicht mitmachen! Kann man den Weg der Menge zum Bösen etwas genauer beschreiben? Sünde wird häufig individuell beschrieben, z.B. ein Verlangen und schließlich der Weg zum Ehebruch, oder das Betrügen des Staates – also der Gemeinschaft – beim Steuern zahlen. Wir kennen Gier, Missgunst und Neid.

Aber hier geht es um mehr. Eine Menge auf dem Weg zum Bösen. Zwar gehören zu jeder Menge auch Einzelne: da wird etwas gesagt, das auch mir auf dem Herzen liegt, ich fühle mich angesprochen, werde abgeholt und mitgenommen. Und dann gibt es eine eigene Dynamik in der Menge: Plötzlich kommen ganz andere Sachen und Überzeugungen hinzu, von denen ich gar nicht mitbekomme, wie böse sie sind. Weil alle so denken, halte ich das für richtig. So schnell kommt man auf den Weg zum Bösen.

Es ist kaum noch bekannt, wie viele engagierte Christen in der Nazi-Zeit sich haben mitnehmen,  ja mitreißen lassen und Adolf Hitler mit Begeisterung gefolgt sind.

Und heute? Sind wir gegen Wege in der Menge zum Bösen immun? Wie und woran kann man solche populistischen Bewegungen erkennen und sich ein kritisches Urteil bilden, ob man diesen Wegen folgen will und – das ist das Wichtigste - ob sie sich mit der Nachfolge Jesu vereinbaren lassen?

Das entscheidende biblische Merkmal ist die Liebe. Deshalb zuerst: Wie drückt sie sich in meinem Leben aus? Weiß ich mich selbst angenommen und von Gott geliebt. Dann brauche ich keinen Hass gegen andere, um ein gutes Selbstwertgefühl zu haben. Im Gegenteil: Ich nehme wahr, wo andere Menschen unterdrückt werden, verfolgt, beleidigt, geschmäht und verachtet. Das gilt auch für das Verhältnis zu anderen Völkern. Christen sind Weltbürger des Reiches Gottes. Als Zweites achte ich auf die Untertöne, auf die inneren Einsprüche, auf das „aber“, das vielleicht beim Zuhören schon gekommen ist.

Oft höre ich: „Ich bin ja nicht gegen Ausländer, aber…“ Was aber?

Es gibt im Neuen Testament lehrreiche Geschichten mit Jesus, wo „eine Menge“ auf dem Weg zum Bösen ist, sei es mit dem Wunsch, eine Ehebrecherin sterben zu  sehen – so sagt es doch das Gesetz! Oder  - wo die Stimmungsmache der Menge, wo ihre Verführbarkeit am Bedrückendsten geschildert wird -  als das „Hosianna“ beim Einzug Jesu in Jerusalem in kürzester Zeit umschlägt ins „Kreuzige ihn“.  Und wie komme ich da wieder raus?

Mir hilft da ein biblisches Gebet, das genau diese Situation aufnimmt. Es befindet sich am Ende des Psalms 139:

„Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine. Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin und leite mich auf ewigem Wege.“

Autor/-in: Pfarrer Hans-Georg Filker