28.12.2019 / Wort zum Tag

Aus Erfahrung klug werden

Sie sollen erfahren, dass ich der HERR bin, wenn ich ihr Joch zerbrochen und sie errettet habe.

Hesekiel 34,27

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„Aus Erfahrung klug werden“ oder „Aus der Geschichte lernt man nur, dass man aus der Geschichte nichts lernt.“

Was stimmt eigentlich? Vielleicht ist ja an beiden Aussagen was dran. Natürlich prägen uns Erfahrungen, die wir gemacht haben. Erfahrungslernen ist viel nachhaltiger als das, was wir lediglich hören oder lesen. Wenn es gut geht, dann machen uns Erfahrungen klüger. Aber wir wissen auch, wie wenig Menschen und sogar ganze Völker aus ihrer eigenen Geschichte lernen. Wenn es anders wäre, dann dürfte es bei uns nach den schrecklichen Erfahrungen des Nationalsozialismus nicht wieder Parteien und Bewegungen geben, die ganz ähnliche Parolen verbreiten wie damals? Antisemitismus,  Rassismus, Herrenmentalität und den Ruf nach einem starken Führer sollte es eigentlich nicht mehr geben. Es scheint mitunter so, als wollten wir nicht klug werden, obwohl wir die bitteren Auswirkungen dieser Politik erlebt haben. Kurz nach dem Krieg haben viele versprochen: „Nie wieder fasse ich ein Gewehr an.“ Wenig später haben sie sich an dieses Versprechen nicht mehr erinnert.

Warum ist das so? Warum bestimmen Erfahrungen oft so wenig unser Handeln? Der Prophet Hesekiel spricht zum Volk Israel. Auch dieses Volk hatte schlimme Erfahrungen gemacht. Vertrieben aus ihrem Land nach Babylon. Fernab von Jerusalem und dem Tempel mussten sie als Gefangene im fremden Land leben. Sie hatten dagegen auch viele gute Erfahrungen mit ihrem Gott gemacht, aber offenbar nichts daraus gelernt. Sie sind nicht klug geworden, sondern haben immer wieder ihr eigenes Ding gemacht und Gott einen frommen Mann sein lassen. Nun müssen sie die Suppe auslöffeln, die sie sich eingebrockt haben. Gott hat ihre Vertreibung  angekündigt – nun ist sie Wirklichkeit. Aber er überlässt sie nicht ihrem Schicksal und auch nicht den Herrschern von Babylonien. Der Prophet kann ihnen dort in der Fremde Gottes Plan verkündigen. Im Namen Gottes sagt er: „Sie sollen erfahren, dass ich der Herr bin, wenn ich ihr Joch zerbrochen und sie errettet habe.“ Gott hat erlebt, dass seine Worte für sein Volk oft genug nur Schall und Rauch waren. Dennoch sollen sie seine Hilfe erleben. Sie sollen erfahren, dass Gott ihr Herr ist, der sie heraus holt aus ihrer Gefangenschaft. Mehr geht nicht. Die Frage damals war: Werden sie aus dieser Erfahrung diesmal klug werden? Oder werden sie wieder schnell vergessen und aus der Geschichte wieder nichts lernen, wie so oft? Das ist auch für uns die Frage: Nehmen wir Gottes Tun in unserem Leben überhaupt wahr? Erinnern wir uns dann auch daran? Und macht es uns klug?

Es hilft sicherlich, diese Erfahrungen aufzuschreiben, um sie dann in dunklen Stunden, in denen uns Gott sehr fern scheint, parat zu haben.

Von Martin Luther wird gesagt, er habe sich in solch dunklen Stunden mit Kreide auf sein Schreibpult geschrieben: „Ich bin getauft. Ich bin gerettet. Ich gehöre zu meinem Herrn Jesus Christus. Das ist und bleibt so, auch wenn im Moment alles dagegen spricht. Er ist mein Herr."

Autor/-in: Christoph Wolf