08.07.2024 / Wort zum Tag

Augenzeugen

Eure Augen haben die großen Werke des HERRN gesehen, die er getan hat.

5. Mose 11,7

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Das haben sie uns voraus, die Menschen, die von Mose aus der ägyptischen Gefangenschaft geführt worden sind. Die Jüngerinnen und Jünger, die mit Jesus hier auf dieser Erde unterwegs waren, die ihn gesehen und gehört und erlebt haben, die ihm buchstäblich nachgefolgt sind. Sie waren dabei. Sie waren Augenzeugen. Ohrenzeugen. Sie haben erlebt, was wir nur aus Büchern kennen. Aus dem Buch, der Bibel. Sollen wir sie beneiden?

Vorsicht. Denn dieses Buch erzählt auch, dass das Volk der befreiten Israeliten sich trotz allem Erlebten einen Gott zum Anfassen gemacht hat. Dass sie gemeckert und rebelliert haben. Dass sie sich zurückgesehnt haben an die Fleischtöpfe Ägyptens. Dass sie dem Gott, dessen Wunder sie höchstpersönlich miterlebt hatten, nicht zugetraut haben, ihnen bei der mühsamen Wanderung durch die endlose Wüste beizustehen.

Und dass die Jüngerinnen und Jünger es in den letzten Tagen des Lebens von Jesus auf dieser Erde nicht einmal geschafft haben, mit ihm zu wachen und zu beten. Dass sie sich aus dem Staub gemacht haben, als es wirklich ernst wurde und es nur Petrus bis zum Palast des Hohenpriesters gewagt hat. Und dass nur Johannes und ein paar Frauen, darunter Maria, die Mutter von Jesus, es unter dem Kreuz, an das man ihn genagelt hatte, ausgehalten haben. Dass danach wohl niemand mit seiner Auferstehung gerechnet hat, obwohl er die mehrfach angekündigt hatte. Und dass der Evangelist Matthäus notiert, sogar kurz vor seiner Himmelfahrt hätten einige von denen, die Jesus dazu nach Galiläa bestellt hatte, gezweifelt.

Dann …

… Dann bin ich nicht mehr so sicher, dass wir diese Augen- und Ohrenzeugen beneiden sollten, dass sie uns so viel voraus hatten.

Wir sind ja nicht besser als die Israeliten. Nicht frömmer als die Menschen, die mit Jesus durchs Land gezogen sind. Die meisten von uns haben auch schon so manches erlebt und erfahren mit ihrem Gott. Aber in dunklen Lebensphasen sind da aber auch diese Gedanken: Vielleicht war das alles doch nur Zufall. Und vielleicht habe ich mir manches einfach auch nur einredet und eingebildet. Und dass Gott mich wirklich liebt, kann ich gerade so gar nicht glauben.

Glaube gründet offenbar weniger auf dem, was wir erleben und erfahren. Glaube gründet vielmehr auf den geschichtlichen Tatsachen, die uns die Bibel schwarz auf weiß vermittelt und vor allem darauf, dass wir uns Jesus anvertrauen. Immer neu. Jeden Tag. Jede Stunde. Glaube heißt nicht: Ich zweifle nicht an Gott und an dem, was ich mit ihm erlebt habe. Glauben heißt: Gott zweifelt nicht an mir. Sein Ja zu mir gilt in alle Zeit und in alle Ewigkeit. Glauben heißt nicht: Ich halte Gott fest. Glauben heißt: Gott hält mich fest.

Wie er das Volk der Israeliten festgehalten hat. Wie er die ersten und engsten Zeugen seiner Wirksamkeit auf dieser Erde festgehalten hat.

Davon erzählt die Bibel. Davon erzählen das Alte und das Neue Testament. Nein, ihre Geschichten sind keine ersonnenen Märchen - sonst würden sie die rebellierenden Israeliten glatt verschweigen. Es sind keine ausgeklügelten Fabeln - sonst hätten sie die zweifelnden Jünger glatt gestrichen. Die Bibel ist kein Heldenepos, vollgepackt mit Geschichten von großen Glaubenden. Sie erzählt vom großen barmherzigen Gott, der mit den kleinen Rebellen und Zweiflern Geschichte schreibt. Es geht nicht um die Herrlichkeit von Menschen, es geht um die Herrlichkeit Gottes.

Der leben und glauben wir Jesusleute hinterher. Und auf die leben wir zu.

Autor/-in: Jürgen Werth