27.01.2009 / Wort zum Tag

Apostelgeschichte 18,9

Der Herr sprach durch eine Erscheinung in der Nacht zu Paulus: Fürchte dich nicht, sondern rede und schweige nicht!

Apostelgeschichte 18,9

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Es ist auffällig, wie häufig in der Bibel unterschiedlichsten Menschen Mut gemacht wird mit dem Zuruf: "Fürchte dich nicht!" "Fürchte dich nicht!" - das klingt gut, aber täglich erfahren wir, dass wir uns fürchten, dass wir Angst haben, dass wir mit höchst gemischten Gefühlen und sorgenvollen Gedanken in den Tag hineingehen. Da ist die Angst vor der Begegnung mit Menschen, mit denen wir nicht gut können; da ist die Angst vor Entscheidungen, die heute unbedingt 'dran' sind, da ist die Angst zu versagen - in der Erziehung, in der Liebe, im Beruf. Da ist die Angst, dass das Leben an einem vorbeiläuft, dass man das Wesentliche verpasst. Und da ist hin und wieder die tiefe Unruhe, ob wir Menschen nicht letztlich doch mit uns ganz alleine sind - ohne Sinn, ohne Bestimmung, ein Staubkorn im Weltall, bedeutungslos, ohne begründete Hoffnung auf Geborgenheit, auf Verstehen, auf Zuwendung.

Man hat uns dazu erzogen, 'stark' zu sein, keine Angst zu zeigen, 'cool' zu bleiben, alles möglichst leicht und locker zu nehmen. Man weiß ja, wie man sich und anderen Mut zuspricht: "Kopf hoch, alter Junge, es wird schon schief gehen!" "Halt die Ohren steif, wir werden das Kind schon schaukeln!" "Stell dich nicht so an, du schaffst das!" Solche Allerweltssprüche mögen manchmal hilfreich sein, eine Aufgabe endlich anzupacken, - unsere tiefsitzende Angst vertreiben sie nicht.

Der Aufruf "Fürchte dich nicht!" wäre um keinen Deut besser, wenn uns nicht noch etwas anderes zugerufen würde. Mir fällt auf, dass in den biblischen Texten der Hauptton nicht auf dem "Fürchte dich nicht!" liegt, sondern auf der Begründung, also auf dem Satzteil, der normalerweise mit "denn" beginnt.
"Fürchte dich nicht, denn ich, der Herr, dein Gott bin mit dir! Ich fasse deine rechte Hand. Ich halte dich!" All diese Begründungen verweisen uns nicht auf uns selbst, sondern auf eine andere Person, auf den lebendigen Gott, der sich uns zusagt, der sich uns verspricht: Ich bin für dich da, ich kenne dich, ich weiß, was dich umtreibt, was dir den Mut raubt. Fürchte dich nicht! Ich gehe mit, ich bin an deiner Seite. Deshalb fäll' endlich die Entscheidung, ganz gleich, was dabei herauskommt: Ich halte dich fest, uns bringt nichts auseinander. - Und nun geh in diese Welt hinein - sie ist meine Welt - und sei bei den Menschen mit ihren Ängsten und Sehnsüchten - es sind meine Menschen und ich bin ihr Herr, und jeder und jede ist mir unendlich viel wert.

So muss es Paulus ergangen sein, als er um das Jahr 50 in die Hafenstadt Korinth kommt. Da findet er zum Teil offene Türen, aber auch viel Widerstand. Er ist dabei, aufzugeben und abzuhauen. Zum Glück für Korinth hört er in der Nacht eine Stimme: "Fürchte dich nicht, rede und schweige nicht, denn ich bin mit dir, keiner kann dir Schaden zufügen! Glaube mir: Ich habe ein großes Volk in dieser Stadt." Auch die uns groß und stark erscheinenden Apostel und Evangelisten kennen die Angst, die zum Schweigen und zur Flucht drängt. Wir alle brauchen die mutmachende Zussage: "Fürchte dich nicht, denn ich, dein Gott, bin mit dir!" Ich habe früher häufig gebetet: "Herr, nimm mir meine Angst" - oder "Herr, gib mir für diese schwierige Situation Gelassenheit und Frieden!" Und dann war ich enttäuscht, wenn sich keine Ruhe, keine Zuversicht einstellte. Stimmte Gottes Zusage nicht, hatte er mich nicht gehört - oder war bei mir etwas nicht in Ordnung? Ich habe gelernt: Auf all unsere Gebete antwortet Gott mit der Zusage: "Ich gebe dir Jesus mit, ihn, den Auferstandenen, er geht mit dir!" Und wenn ich dann bedenke, dass er ja dabei ist, wenn ich einen Streit schlichten muss, wenn ich mit jemand über den Glauben spreche, wenn ich Angst vor aggresiven Menschen habe, - wenn er ja zwischen mir und dem anderen steht, dann merke ich, dass ich ruhiger, gelassener, zuversichtlicher werde.

"Fürchte dich nicht, rede und schweige nicht, denn ich bin mit dir!" Dieses Versprechen gilt auch Ihnen heute und für die kommende Zeit mit allem, was Sie anpacken und was auf Sie zukommt. Deshalb einen guten, gesegneten Tag mit und vor unserem Gott.
Autor/-in: Pfarrer i. R. Friedhardt Gutsche